Was sind die Schwerpunkte der Offenbarung? (Teil 2)

Über das letzte Buch der Bibel kursieren so viele verschiedene Ansichten wie Sand am Meer. Doch das erste Kapitel macht deutlich, wo der eigentliche Schwerpunkt der Apokalypse liegt und was das für unser Leben bedeutet.

Israel wird unter dem Alten Bund «Knecht» genannt: «Jubelt, ihr Heiden, seinem Volk zu! Denn er wird das Blut seiner Knechte rächen und seinen Feinden vergelten; aber für sein Land und sein Volk wird er Sühnung schaffen!» (5.Mo 32,43). Und so sagt die Offenbarung: «Denn wahrhaftig und gerecht sind seine Gerichte; denn er hat die grosse Hure gerichtet, welche die Erde verderbte mit ihrer Unzucht, und hat das Blut seiner Knechte von ihrer Hand gefordert!» (Offb 19,2; vgl. 3.Mo 25,42.55; Lk 1,54.69; Jes 65,8–16). Vor allem die Propheten und diejenigen, die im jüdischen Volk Gott hingegeben dienten, erhielten den Titel «Knecht» (Neh 1,6; Lk 2,29; Offb 10,7; 11,18; 15,3). Die Apostel nannten sich selbst auch «Knechte» des Herrn (Phil 1,1; 2.Petr 1,1). 

In den Endzeitreden des Herrn Jesus kommt der Begriff «Knecht» im Hinblick auf Israel häufig vor (Mt 21,34–36; 22,3–4; 24,45–50; 25,14.19.21; Lk 12,38). Und die Offenbarung nennt die 144.000 Israeliten aus den zwölf Stämmen «Knechte unseres Gottes» (Offb 7,3). Auch die Märtyrer im Himmel erhalten diesen Titel (Offb 6,11). Das ganze Buch der Offenbarung richtet sich immer wieder an die Knechte Gottes.

Offenbarung 1,1 versetzt uns mit der Art und Weise, wie formuliert wird, in die alttestamentlichen Bücher zurück; beispielsweise in das Wort des Propheten Amos, der schreibt: «Nein, Gott, der Herr, tut nichts, ohne dass er sein Geheimnis seinen Knechten, den Propheten, geoffenbart hat» (Am 3,7). Genau darum geht es in der Offenbarung.

Die Offenbarung zeigt, «was rasch geschehen soll» (Offb 1,1). Das heisst, was «schnell» geschehen soll. Es geht um rasch aufeinanderfolgende Ereignisse, um eine kompakte Zeit, die sich, wenn sie einmal begonnen hat, schnell abwickeln wird. «Ich, der Herr, werde das zu seiner Zeit rasch ausführen!» (Jes 60,22).

Gott muss diese Welt richten, und Er wird es durch Jesus Christus tun. Unser Herr wird diese Welt in kurzer Zeit und schnell strafen, um dann einen langen und anhaltenden Segen aufzurichten. Die Wehen einer Geburt kommen plötzlich; sie sind sehr heftig und werden, wenn sie einmal begonnen haben, immer schneller. Doch im Verhältnis eines Menschenlebens sind sie kurz. So heisst es auch über das Leid, das Christen durchmachen: «Denn unsere Bedrängnis, die schnell vorübergehend und leicht ist, verschafft uns eine ewige und über alle Massen gewichtige Herrlichkeit» (2.Kor 4,17).

Es war ein Engel, der dem Johannes die Offenbarung «bekannt gemacht» hat (Offb 1,1; vgl. 22,16). Dieser Engel ist ein persönlicher Bote des Herrn, der Johannes im Verlauf der Visionen zur Seite steht, der ihm immer wieder Anweisungen gibt und den Johannes später anbeten will, was aber der Engel ablehnt (Offb 19,9.10; 22,8.9.16).

Das heisst: Gott der Vater hat die Offenbarung Seinem Sohn anvertraut. Jesus Christus gibt sie weiter an Seinen Engel. Dieser Engel zeigt sie Johannes. Und Johannes schreibt sie für uns auf. Darum sagt er über sich, dass er «das Wort Gottes [des Vaters] und das Zeugnis Jesu Christi [des Sohnes] bezeugt hat und alles, was er sah» (Offb 1,2).

Die Einleitung der Offenbarung könnte Johannes als Letztes geschrieben haben, da sie in der Vergangenheitsform steht. Das heisst: Zuerst schrieb Johannes die Visionen nieder, die der Engel ihm von Vater und Sohn übermittelt hatte, und danach verfasste er die Einleitung für den Text und setzte sie vornean. 

Engel sind dienstbare Geister für die Auserwählten; das heisst für die Gemeinde (Hebr 1,14). Aber besonders häufig werden Engel als Diener und Überbringer von Botschaften an Israel bezeichnet (Apg 7,53; Gal 3,19; Hebr 2,2). Die Gemeinde wird heute, im Zeitalter der Gnade, nicht durch Engel unterrichtet, sondern durch den Heiligen Geist. Es ist sogar umgekehrt der Fall: Nicht die Gemeinde lernt von Engeln, sondern Engel lernen von der Gemeinde: «Damit jetzt den Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen Regionen durch die Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes bekannt gemacht werde» (Eph 3,10; vgl. 1.Petr 1,12).

Der Apostel Paulus warnt die Gemeinde sogar davor, auf Engel einzugehen: «Um den Kampfpreis soll euch niemand bringen, der seinen eigenen Willen tut in scheinbarer Demut und in Anbetung der Engel, der auf das eingeht, was er in Visionen gesehen hat, grundlos aufgeblasen in der Gesinnung seines Fleisches» (Kol 2,18).

Bis heute gibt es immer wieder Menschen, die sagen, ihnen seien Engel erschienen und diese hätten ihnen Botschaften oder Visionen übermittelt. Oft brüsten sie sich mit der Behauptung, dass Gott es war, der ihnen den Engel gesandt hätte. Das aber ist sehr gefährlich. «Denn der Satan selbst verkleidet sich als ein Engel des Lichts» (2.Kor 11,14). 

Wer nun auf die Offenbarung hört, wird von Gott «glückselig» gepriesen: «Glückselig ist, der die Worte der Weissagung liest, und die sie hören und bewahren, was darin geschrieben steht! Denn die Zeit ist nahe» (Offb 1,13). Gegen Ende der Offenbarung wird dieselbe Botschaft noch einmal erwähnt: «Siehe, ich komme bald! Glückselig, wer die Worte der Weissagung dieses Buches bewahrt!» (Offb 22,7).

Nicht wenige Christen und Gemeinden verwerfen regelrecht diese kostbare Verheissung, indem sie sich nicht mit der Offenbarung befassen. Man könnte meinen, dass viele Gläubige nicht richtig lesen können, und die Worte des Herrn darum so verstehen: «Glückselig ist, der die Worte der Weissagung nicht liest und nicht bewahrt, denn es dauert ja noch lange …»

Die Lehre von der Wiederkunft Jesu Christi und von der Aufrichtung Seines Reiches ist ein Hauptthema in der Bibel. Gottes Wort spricht etwa dreimal mehr über Seine Wiederkunft als über Seine erste Ankunft. Die Apostel rechneten zu ihren Lebzeiten mit der Rückkehr des Herrn Jesus. Deshalb ermahnt uns der Bibellehrer William MacDonald: «Es ist nicht genug, wenn wir an der Wahrheit über Seine Wiederkunft festhalten; diese Wahrheit muss uns festhalten.» Voller Sehnsucht sollten wir darauf ausgerichtet sein!

Norbert Lieth absolvierte seine theologische Ausbildung an der Bibelschule des Mitternachtsruf in Südamerika und war dort auf verschiedenen Missionsbasen tätig. Ein zentraler Punkt seines weltweiten Verkündigungsdienstes ist das prophetische Wort Gottes.
Zurück