Das Kreuz und die Endzeit (Teil 3)

Als Christus in Israel erschien, rechnete das jüdische Volk mit einem starken Retter, der die römische Besatzermacht vertreiben und die Weltherrschaft antreten würde. Stattdessen kam Christus in einer Krippe zur Welt und starb am Kreuz. Was bedeutet diese überraschende Wendung für unser Leben, unseren Alltag und die Endzeit?

Unser Herr sagt den Gläubigen: «Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach» (Mt 16,24). Wir sollen Nachfolger Jesu und Nachahmer Gottes werden, in Seinen Fussstapfen folgen, so leben, wie Er gelebt hat (Eph 5,1-2; 1.Petr 2,21; 1.Joh 2,6). Wir sollen die Befreiung von unseren Sünden als Grundlage zur Nachfolge Jesu begreifen. Dies ist keine Mogelpackung. Christus sagt: «Mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht» (Mt 11,30). Es gibt zwei Herren in dieser Welt. Gott oder der Teufel. Wenn wir sündigen, machen wir den Teufel zu unserem Herrn. Wir binden uns an ihn. Wenn wir Jesus gehorsam sind und Ihm nachfolgen, machen wir Ihn zu unserem Herrn. Wir binden uns an Ihn. Wer von beiden schenkt uns wohl wahre Erfüllung? Welche Bindung bedeutet wohl wahre Freiheit? 

Allein Christus ist die Antwort. Es ist eine Lüge des Teufels, wenn er uns einflüstert, ein heiliges Leben für und mit Jesus sei nur Schikane. Es ist gut und heilsam für uns, wenn wir heilig für Christus leben, wenn wir uns von Seiner Liebe und Sanftmut antreiben lassen, wenn wir Seinen Frieden mit allen Menschen suchen, wenn wir Ihn an erste Stelle setzen. Denn so schmecken wir in der Praxis das heilsame Leben der Freiheit. So sehen wir in der Praxis, wie der Sohn wirklich von allen Belastungen der Finsternis frei macht.

Jesus Christus war ja völlig frei, als Er auf Erden war. Niemand konnte Ihm etwas anhaben. Er war ausgeglichen und ruhte in sich selbst, weil Er mit dem Vater im Himmel verbunden war. Er wirkte nie gehetzt oder gestresst, obwohl Er unter denselben Begrenzungen litt wie alle anderen Menschen auch. Aber Er lebte in Übereinstimmung mit Gott dem Vater, und darum war Sein Leben ein volles und freies Leben – obwohl Er materiell arm war, obwohl Er angefeindet wurde, obwohl Er verleumdet wurde, obwohl Er grosse innerliche Kämpfe erlebte, obwohl Er furchtbar litt und ob-wohl Er am Ende starb. – Er führte doch ein Leben der geistlichen Fülle.

Ja, wir sind nicht Jesus. Wir werden immer wieder sündigen. Darum hat Er ja unsere Sünden am Kreuz hinweggetragen. Aber Er hat uns auch ein Vorbild hinterlassen, nämlich wie Gottes Macht und Herrlichkeit auf Erden wirklich funktioniert. Er hat uns gezeigt, wie das Leben in Überfluss in einer gefallenen Welt aussieht, wo die Sünde regiert und der Teufel tobt. Er hat uns gezeigt, wie wir ganz praktisch schmecken und sehen können, «wie freundlich der Herr ist» (Ps 34,9). Und das ist ein Leben für und mit Gott, auch wenn alle gegen uns sind. Das Kreuz zeigt uns: Gott erweist Seine Macht gerade in der dunkelsten Stunde, im tiefsten Leid und im grössten Schmerz. Es ist ein überraschender Ausdruck der Endzeit, dass Gott gerade da wirkt, wo die Finsternis am grössten scheint (vgl. Offb 7,9.13-14).

Paulus meint, dass «die Leiden Christi reichlich über uns kommen» (2.Kor 1,5). Weil wir nun durch den Glauben mit Christus verbunden sind, werden wir auch «mit ihm leiden» (Röm 8,17). So wie der Teufel Christus gehasst und angegriffen hat, so hasst er auch uns und greift er auch uns an. Aber Gottes Kraft wird gerade in unserer Schwachheit mächtig (2.Kor 12,9). Gottes Sohn kam in Schwachheit: als Baby auf die Welt gekommen und in eine Krippe gelegt. Er starb in Schwachheit: geschunden und geschlagen am Kreuz. Und so siegte Er. 

Genauso werden auch die Gläubigen siegen (Offb 12,11). Ja, wir sind schwach; wir leiden und wir kämpfen. Wir haben die Freiheit geschenkt bekommen, aber der Teufel – wütend wie er ist – greift uns trotzdem an. Darum müssen wir in dieser Endzeit unbedingt bei Jesus bleiben, um im Kampf bestehen und frei bleiben zu können. Aber wir werden siegen, wie Christus gesiegt hat. Denn Gott zeigt Seine Macht nicht mit Pauken und Trompeten, sondern in Schwachheit und in vermeintlicher Niederlage. 

Was hat das alles mit der Endzeit und der Wiederkunft unseres Herrn zu tun? Es zeigt uns, dass Gott anders ist. Gott hat diejenigen, die zur Zeit Christi auf Ihn warteten, überrascht. Wir sollten uns daher nicht verwundern, wenn Er uns auch überrascht. Wir sollten uns nicht verwundern, wenn in dieser Endzeit manches ein wenig anders läuft, als sich womöglich einige Prophetie- und Endzeitexperten ausmalen.

Manche Verkündiger, wenn sie über die Wiederkunft unsres Herrn sprechen, scheinen nichts lieber zu tun, als aufzuzählen, was Gott am Tag des Herrn alles für schreckliche Dinge mit den Gottlosen tun werde. Sie rechnen aus, wie viele Drittel und wie viele Viertel sterben werden und beschreiben bis ins Detail wie schrecklich die Plagen, die die Offenbarung schildert, sein werden. Doch so wahr Gottes Wort ist, so wahr ist auch, dass Er barmherziger, geduldiger und gnädiger ist als wir Menschen. Am Anfang dieses Artikels zitierte ich Jesaja 55,9, wo Gott sagt: «So viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.» – Ich stellte diese Worte dort in den Kontext der Herrlichkeit und Heiligkeit Gottes. Aber wissen Sie, in welchem Zusammenhang Gott diese Worte wirklich sagt? In Verbindung mit Seiner unbegreiflich grossen Barmherzigkeit und Vergebung:

«Suchet den Herrn, solange er zu finden ist; ruft ihn an, solange er nahe ist. Der Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter von seinen Gedanken und bekehre sich zum Herrn, so wird er sich seiner erbarmen, zu unserm Gott, denn bei ihm ist viel Vergebung. Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken» (Jes 55,6-9).

Gott ist anders. In Jesaja 45 betont der Herr immer wieder, dass keiner Gott ist als nur Er (V. 5.18.21.22). Und dies sagt Er im Zusammenhang damit, dass Er der «Heiland» (Retter) ist – verbunden mit der Einladung: «Wendet euch zu mir, so werdet ihr gerettet, aller Welt Enden» (Jes 45,22).

So schrecklich und real die Gerichtsandrohungen im Worte Gottes auch sind, unser Gott ist ein Retter-Gott (Tit 2,10; 3,4). Mitten in den Gerichtsankündigungen der Offenbarung singen beispielsweise die Erlösten: «Denn du allein bist heilig! Ja, alle Völker werden kommen und anbeten vor dir, denn deine Urteile sind offenbar geworden» (Offb 15,4).

Auch wenn die Bibel deutlich macht, dass die, die den lebendigen Gott ablehnen, verloren gehen werden, so beweist doch Gottes langes Zuwarten bis heute, dass Er anders ist als wir Menschen. Er möchte retten, nicht verdammen. Er möchte Barmherzigkeit üben, nicht Gericht. Darum sollten wir uns nicht wundern, wenn in dieser Endzeit doch noch manche Überraschung geschieht. Unser Gott wird von Menschenliebe angetrieben, nicht von Menschenhass (Tit 3,4). Die vielen fein säuberlich aufgezeichneten Chronologien, Endzeitdiagramme, Skizzen und Prophetiepläne können hilfreich sein, aber wir sollten unsere Augen niemals davor verschliessen, dass wir vieles eigentlich gar nicht wissen können und dass unser Gott – wie das Kreuz so eindrücklich zeigt – ein Gott der Überraschungen ist. Es ist uns einfach nicht gegeben, «Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat» (Apg 1,7; vgl. Mt 24,42). Darum sollten wir erst Recht allezeit bereit für die Wiederkunft unseres Herrn sein – denn Gott ist anders.

Das ist die Ermutigung, auch für unser persönliches Leben: Jesus kam nicht für die Starken, sondern für die Kranken und die Schwachen (Mk 2,17). Er kam, um das Geringe und Niedrige aus dem Staub zu erheben. Er kam, um Gottlose zu retten und Vergebung zu schenken. 

Er kam, um Sie zu erlösen. Wenn Sie daran zweifeln, ob Gott Sie wirklich liebt, sehen Sie auf Christus. Auf die Krippe. Auf das Wunder der Menschwerdung. Auf das schwache Kindlein, wie es in den Armen seiner Mutter liegt. Sehen Sie, wie Jesus mit den Zöllnern und Sündern isst und trinkt. Wie Er Huren und Ehebrecherinnen entgegenkommt. Wie Er Seinen Jüngern die Füsse wäscht. Wie Er sich in Gethsemane verhaften lässt. Wie Er sich bespucken und schlagen lässt. Wie Er sich verspotten und foltern lässt. Sehen Sie, wie Er sich die Dornenkrone aufsetzen lässt. Wie Er Sein Kreuz trägt. Wie Er sich ans Holz nageln lässt. Sehen Sie, wie Er dort hängt und leidet: Für Sie; um auch Sie zu erretten.

Ja, Gott liebt Sie. In Jesus Christus offenbart Er sich als der Gott, der den Menschen nahe sein will, als der Gott, der Sünder sucht, der die Verachteten sucht, der die Gefangenen sucht, die geistlich Blinden und die Zerschlagenen. Er bietet Ihnen die Befreiung an. Er bietet Ihnen Seine Herrlichkeit an. Er will Seine Macht mit Ihnen teilen. Ergreifen Sie Seine ausgestreckte Hand und leben Sie mit Ihm. Denn bald kommt der Tag, an dem der gekreuzigte und auferstandene Herr aller Herren und König aller Könige auf diese Erde zurückkehrt. Er wird die Herrlichkeit bringen, die die Propheten des Alten Bundes Israel versprochen haben (Jes 65,17ff.). Er wird alles neu und schön machen. Er wird regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit und Seines Reichs wird kein Ende sein.

Doch bis es so weit ist, zeigt Gott Seine Macht gerade in vermeintlicher Schwachheit. Bis es so weit ist, interessiert sich Gott nicht für die Weisen nach dem Fleisch, nicht für die Mächtigen und für die Vornehmen, sondern Er will das, «was töricht ist vor der Welt». Er will das, «was schwach ist vor der Welt». Er will das, «was gering ist vor der Welt und was verachtet». Er will das, «was nichts ist». Er will Sie. Er will Seine Macht in Ihrer Schwachheit zeigen – so, wie Er es am Kreuz gezeigt hat. Denn Er wird die Weisen dieser Welt «zuschanden» machen, Er wird zuschanden machen, was stark ist, und zunichte machen, «was etwas ist, auf dass sich kein Mensch vor Gott rühme» (1.Kor 1,26-29).

Gott erwählt und will das Geringe, das Niedrige, das Verachtete. Er ist anders als die Menschen. Seine Gedanken und Wege sind höher als die der Menschen. Denn Er ist Liebe (1.Joh 4,16). Das Kreuz posaunt diese Wahrheit laut hinaus. Und das Kreuz bestätigt, was schon Psalm 113,5-9 ausdrückt: 

«Wer ist wie der Herr, unser Gott, der oben thront in der Höhe, der niederschaut in die Tiefe, auf Himmel und Erde; der den Geringen aufrichtet aus dem Staube und erhöht den Armen aus dem Schmutz, dass er ihn setze neben die Fürsten, neben die Fürsten seines Volkes; der die Unfruchtbare im Hause wohnen lässt, dass sie eine fröhliche Kindermutter wird. Halleluja!»

Das will Gott – bildlich gesprochen – mit Ihnen machen. Lassen Sie Ihn das doch tun. Maranatha – Amen; komm, Herr Jesus!

René Malgo ist Mitarbeiter im Redaktionsbereich des Missionswerkes Mitternachtsruf. Er ist verheiratet mit Wanda und hat 4 Kinder. Sein Sachgebiet umfasst das Redigieren von Büchern sowie das Zusammenstellen der Artikel für die beiden Zeitschriften «MNR» und «NAI». Er ist Autor verschiedener Publikationen.
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