Alles Liebe, oder was?

Wenn man über Liebe spricht, dann ist das eigentlich ein recht dehnbarer Begriff. Was ist denn überhaupt Liebe? Eine Analyse.

Das Wort «Liebe» hört sich so gut an, dass es geradezu ein Tabu ist, einige gängige Konzepte zu diesem Begriff auch nur ansatzweise infrage zu stellen. So muss man sich nicht wundern, wenn mit dem Begriff der Liebe Missbrauch getrieben wird. Es werden rhetorische Fragen aufgeworfen, die schon eine Antwort beinhalten und nichts Gegenteiliges dulden, wie: «Sollte ein Gott der Liebe Menschen in die Hölle werfen?» Folglich gibt es keine Hölle, und wenn, dann allenfalls nur für Hitler. Oder: «Was bitte sollte ein Gott der Liebe gegen gleichgeschlechtliche Beziehungen haben?» Folglich ist alles erlaubt. 

Nun denn, meine Lieben, so hole ich einmal zum Rundumschlag aus, und entschuldigen kann ich mich dann immer noch. Aber, frage ich ganz ungeniert und provokant, verbirgt sich hinter der menschlichen Liebe nicht purer Egoismus? Oder anders gesagt: Ich glaube, die einzige Liebe, die wirklich von Herzen kommt, ist die Selbstliebe. – Oha, das hätte ich nicht sagen dürfen … aber ich habe auch gar nicht Sie gemeint, sondern den Nachbarn Ihres Nachbarn, den Mann Ihrer Frau und die Mutter Ihrer Tochter … und die vielen, vielen anderen Menschen in Ihrem Spiegel. 

Liebe? Eine andere Form der Selbstbefriedigung, bei der man nicht mehr selbst Hand anlegen muss. Liebe? Um der eigenen Anerkennung willen. Liebe? Eine Rechtfertigung für seine Hemmungslosigkeit. Liebe? Pure Vergnügungssucht. Liebe? Therapie gegen Lust, Einsamkeit, Minderwertigkeitskomplexe oder eine schwere Kindheit … Aber jetzt muss ich aufhören, schliesslich schreibe ich hier keine Kolumne für die Bild-Zeitung. 

Worauf will ich überhaupt hinaus? Ich möchte aufzeigen, dass nicht alles, was unter dem Begriff «Liebe» praktiziert wird, auch wirklich etwas mit Liebe zu tun hat. Nicht überall, wo Liebe draufsteht, ist auch Liebe drin. Und, was noch viel wichtiger ist, ist die Tatsache, dass die menschliche Liebe, auch wenn sie gut gemeint und aufrichtig praktiziert wird, auf Dauer und letztendlich nicht wirklich zufriedenstellt. Man betrachte nur die extrem hohen Abtreibungszahlen, schliesslich sind all diese getöteten Kinder ein Produkt der menschlichen Liebe. Widersinniger und abscheulicher geht es wahrlich nicht mehr, als dass Kinder getötet werden, weil sich angeblich zwei Menschen lieben. 

Man betrachte die hohe Scheidungsrate, die noch um ein vielfaches höher wäre, wenn nicht so viele Menschen gar nicht erst heiraten und ohnehin den Partner durchwechseln und der Beliebigkeit preisgeben würden. Fehlt nur noch ein Gebrauchtwarenhandel von Frauen und Männern. Die Folge, sowohl der Abtreibungen als auch der Scheidungen und Trennungen, sind psychische Störungen, Depressionen, Geschlechtskrankheiten, bemitleidenswerte Scheidungskinder und sogar Selbstmorde. Und das alles soll etwas mit Liebe zu tun haben? 

Parolen wie: «Mein Bauch gehört mir», sind nicht liebevoll, sondern egoistisch und verantwortungslos. Und wo bitte liegt der gesellschaftliche Nutzen gleichgeschlechtlicher «Liebe»? Zwei Menschen frönen ihrer Selbstliebe und der Staat und die Kirche sollen das noch fördern und segnen. Ein Schlag ins Gesicht für jede Familie. Ach ja, Familie, was ist das überhaupt? Fachkräftemangel, Geburtenrückgang und unsichere Rente liegen genau darin begründet, dass die Liebe und das «klassische» Konzept der Familie (Mutter, Vater, Kinder) geradezu ausgehöhlt und zerstört werden, und dies wegen des Egoismus und der Gottlosigkeit. Das ist kein Fortschritt, sondern ein Rückfall in die Dekadenz längst untergegangener Völker. Aber zurück zur Liebe, und endlich weg von dieser menschlichen Liebe bzw. von dem, was unsere Politik und Gesellschaft daraus gemacht haben, nämlich eine gähnende Leere. 

Ich will jetzt von einer Liebe schreiben, die so ganz anders ist. Eine Liebe, die wirklich befriedigt, eine Liebe, die auf immer und ewig Bestand hat, eine Liebe, die uns in diesem Leben bereits beglückt und unermessliche Freuden schenkt, die aber auch über das jetzige Zeitalter hinaus unsere Herzen erfüllen und erquicken wird. Kurzum, hier geht es nicht um die Ware Liebe, sondern um wahre Liebe. Aber genug der Wortspiele, lassen wir die Bibel zu Wort kommen: 

«Gott ist Liebe. Darin ist die Liebe Gottes zu uns geoffenbart worden, dass Gott seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben sollen. Darin besteht die Liebe – nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und seinen Sohn gesandt hat als Sühnopfer für unsere Sünden» (1.Joh 4,8-10). 

So, wie Gott heilig ist, so, wie Gott ewig ist, so, wie Gott allmächtig ist und so, wie Gott Gott ist, so ist Gott Liebe. Gottes Liebe ist ganz anders als die menschliche Liebe. Warum? Weil der Mensch zwar lieb sein kann, aber nicht Liebe ist. Die Liebe Gottes ist frei von jeder Selbstsucht und frei von allen Begierden. Gott liebt nicht, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Die Liebe Gottes ist von einer ganz anderen Qualität. Es ist eine Liebe, die den Menschen ohne jede Vorleistung und aus freien Stücken heraus erwiesen wird. Es ist eine herzliche Zuneigung, die noch nicht einmal auf Gegenseitigkeit beruht. Eine Liebe, die gibt und nicht fordert. Und das Allerverrückteste dabei ist, dass uns Gott nicht erst geliebt hat, nachdem wir uns gebessert oder angedeutet haben, dass wir gewillt sind, uns zu bessern; nein, wir wurden bereits geliebt, als wir noch in Feindschaft mit Gott und Christus lebten (Röm 5,8). Das ist wahre Liebe. 

Gott hat uns Seinen eigenen Sohn hingegeben, als Beweis Seiner Liebe. «Grössere Liebe hat niemand als die, dass einer sein Leben lässt für seine Freunde» (Joh 15,13). Kann man eine Liebe noch stärker bekräftigen als mit Golgatha? Wohl kaum! Können wir überhaupt erahnen, was uns für ein Liebesbeweis dort am Kreuz erwiesen wurde? Gott hat das Liebste, was Er hatte, von Seinem Herzen losgerissen. Und für wen? Für Verlorene, für Sünder, für Verbrecher, für Spötter, für Lügner und Heuchler, für Mörder und Ehebrecher, für Sie und für mich, ja genau, für die ganzen Egoisten, von denen ich eingangs sprach – die wir selber welche waren und vielleicht noch sind. 

Viele werfen Gott vor: «Wie kann Gott nur so grausam sein, Seinen Sohn zu opfern?» Wer dies sagt, hat die Botschaft vom Kreuz nicht verstanden und Golgatha nicht erfasst. Glauben Sie, Gott hat es Spass gemacht, zuzusehen, wie Sein geliebter Sohn verspottet, geschlagen und ans Kreuz genagelt wurde? Glauben Sie allen Ernstes, wir haben es mit einem zynischen Gott zu tun? Nein, ganz gewiss nicht. Er hat gelitten, als Sein geliebter Sohn am Kreuz ausrief: «Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen.» In der Tat, in diesem schrecklichen Moment hat der Vater Seinen Sohn verlassen, weil Jesus die Schuld der Menschen stellvertretend auf sich genommen hatte. Daran erkennen wir auch, wie schwer unsere Schuld vor Gott wiegt. Gott kann mit einem Sünder keine Gemeinschaft haben. Ohne Ausnahme! Wie schwer muss es Gott gefallen sein, dieses Elend mit anzusehen. Aber Er tat es, aus Liebe. Er opferte Seinen Sohn, damit wir leben können. Gott leidet noch heute wegen jeden Menschen, der nicht Busse tut, sondern Sein Heilsangebot ausschlägt. Das ist grausam und brutal, nämlich den Kreuzestod des Herrn Jesus mit Füssen zu treten. 

Ich bezeuge hier und jetzt: Für mich musste Jesus nicht an das Kreuz gehen, aber Er tat es freiwillig und ich bin Ihm unsagbar dankbar dafür! Sie können sterben, ohne gerettet zu sein (wenn Sie die Botschaft vom Kreuz zurückweisen), aber Sie werden nicht sterben, ohne jemals geliebt worden zu sein. Und so schwer es auch für Jesus war, die Schuld der Welt zu tragen, so konnte Er am Ende doch sagen: «Es ist vollbracht.» Deshalb freut Er sich heute über jeden Menschen, der Busse tut und sein Leben Jesus Christus anvertraut. Das ist Liebe, weil Jesus für jeden Menschen ans Kreuz gegangen ist (Joh 3,16). 

So liebt Gott, und so sollen auch wir lieben, die wir Kinder Gottes sind: «Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr einander lieben sollt, damit, wie ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt» (Joh 13,34-35). So zu lieben, mit voller Hingabe und ohne Selbstsucht, das können wir gar nicht. Die göttliche Liebe und die menschliche Liebe sind wesensverschieden. Nur durch die Wiedergeburt – durch das neue Leben in Jesus Christus – sind wir dazu fähig, so zu lieben, wie es Jesus tat. Durch unsere Liebe untereinander, zu der wir aufgefordert werden, geben wir Zeugnis von der Liebe Gottes in Jesus.

«Seht, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Kinder Gottes heissen sollen! Und wir sind es. Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht erkannt hat. Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen, dass wir, wenn es offenbar werden wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist» (1.Joh 3,1-2). Welch eine Verheissung, was für eine Zukunft liegt in der Liebe Gottes begründet! Was für ein Unterschied zu der menschlichen Liebe, die nicht selten in Frust und Enttäuschung endet. Die Liebe Gottes hingegen ist lebendig, gültig und beständig, in guten wie in schlechten Zeiten. Gott dem Herrn sei gedankt in Seinem Sohn Jesus Christus.

Thomas Lieth ist Mitarbeiter und Verkündiger des Mitternachtsruf. Er absolvierte seine theologische Ausbildung an der Bibelschule Neues Leben in Wölmersen/Deutschland. Sein Aufgabenbereich ist die Verlagsarbeit des Missionswerkes.
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