Der Sabbat, die Gemeinde und der Tag des Herrn (Teil 2)

Müssen Christen den Sabbat halten? Welche Rolle spielt dieser besondere Tag in Gottes Heilsplan? Und warum versammelt sich die Gemeinde überhaupt am Sonntag und nicht am Samstag, dem ursprünglichen Sabbattag? Eine systematische Erklärung auf Grundlage der Heiligen Schrift.

Galater 4,9-10 verurteilt es, dass «Tage und Monate und bestimmte Zeiten und Jahre» besonders beachtet wurden. Diese wurden normalerweise eingehalten, um die Gunst Gottes zu gewinnen, und von jenen, die manchmal an Gott dachten, Ihn aber sonst vernachlässigten.

Hebräer 4,1-13 betrachtet den Sabbat als eine Art Ruhe (von den eigenen Werken), in die der Gläubige eingeht, wenn er errettet ist.

In Kolosser 2,16-17 wird das Kind Gottes ganz klar angewiesen, sich nicht richten zu lassen in Bezug auf einen Sabbat-Tag. Eine solche Haltung ist vernünftig angesichts all dessen, was Christus für den Gläubigen, der jetzt zur neuen Schöpfung gehört, geworden ist (Kol 2,9-17). Hier wird ganz klar hingewiesen auf wöchentliche Sabbate, und weniger auf die besonderen oder aussergewöhnlichen Sabbate, die zum zeremoniellen Gesetz gehörten.

Römer 14,5 sagt, dass ein Gläubiger, wenn er «in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt» sei, alle Tage gleich halten könne. Dies bedeutet nicht, dass die treue Anbetung vernachlässigt werden dürfte, sondern vielmehr, dass für einen Christen jeder Tag voll Hingabe an Gott sein sollte.

Aufgrund der Tatsache, dass im Neuen Testament der Sabbat niemals im Zusammenhang mit dem Leben und Dienst eines Christen Erwähnung findet, ist der Begriff «christlicher Sabbat» falsch. In diesem Zusammenhang sei gesagt, dass anstelle des Sabbats im Gesetz nun der Tag des Herrn der neuen Schöpfung steht, der den Sabbat in seiner Herrlichkeit, seinen Vorrechten und seinen Segnungen weit übersteigt. In voller Übereinstimmung mit der neutestamentlichen Lehre, dass der Tag des Herrn nur für die Gemeinde gilt, wird prophezeit, dass der Sabbat wieder eingesetzt wird, sobald die Gemeinde entrückt wurde, und somit den Tag des Herrn ablösen wird. Auch in der kurzen Zeit der Grossen Drangsal, die zwischen dem Ende dieses Heilszeitalters und dem kommenden Tausendjährigen Reich steht, wird der Sabbat wieder in Kraft sein (Mt 24,20); doch die Prophezeiung sagt den Sabbat vor allem als wesentliches Merkmal des Tausendjährigen Reiches voraus (Jes 66,23; Hes 46,1).

Seit der Auferstehung Christi bis zur heutigen Zeit feiert die Gemeinde den ersten Tag der Woche. Dies ist durch neutestamentliche Berichte, durch die Schriften der frühen Kirchenväter und die Kirchengeschichte belegt. In fast jedem Jahrhundert hat es Menschen gegeben, die sich – da sie die Absichten Gottes für das gegenwärtige Heilszeitalter nicht verstanden – für die Heiligung des siebten Tages, des Sabbats, eingesetzt haben. In der heutigen Zeit verbinden jene, die auf die Einhaltung des Sabbats drängen, dies mit anderen nicht schriftgemässen Lehren. Da der Gläubige von Gott angewiesen ist, den ersten Tag der Woche unter der neuen Beziehung der Gnade zu beachten, entsteht Verwirrung, wenn dieser Tag mit den Eigenschaften und den Gesetzen des Sabbats belastet wird. Solche Lehren ignorieren die neutestamentliche Lehre der neuen Schöpfung.

Das Neue Testament zeigt, dass die Absicht Gottes im gegenwärtigen Heilszeitalter das Herausrufen der Gemeinde ist (Apg 15,13-18), und diese erlöste Gemeinschaft ist die neue Schöpfung, ein himmlisches Volk. Zwar wird angedeutet, dass diese Gemeinschaft als ganze herrlich und vollkommen sein wird (Eph 5,25-27), doch es ist auch gesagt, dass jeder einzelne Gegenstand göttlicher Bemühungen und Umgestaltung sein wird. So wie der Leib als Ganzes in Beziehung steht zu Christus (1.Kor 12,12), so ist auch der einzelne Gläubige wesensmässig mit dem Herrn verbunden (1.Kor 6,17; Röm 6,5; 1.Kor 12,13).

Von dem einzelnen Gläubigen sagt die Bibel, dass 1. jeder Einzelne in dieser Gemeinschaft gereinigt und gerechtfertigt wird und dass ihm seine Sünden vergeben worden sind; 2. jedem der innewohnende Geist gegeben worden ist, das ewige Leben, und dass jeder ein rechtmässiger Erbe Gottes und Miterbe Christi geworden ist; 3. jeder zur Gerechtigkeit Gottes gemacht worden ist, wodurch er angenommen ist in dem Geliebten auf ewig (2.Kor 5,21; Eph 1,6), ein Glied am Leib Christi, zu Seiner herrlichen Braut gehörend, und dass er lebendigen Anteil an der neuen Schöpfung hat, von der Christus das Haupt ist. Wir lesen: «Daher, wenn jemand in Christus ist, so ist er eine neue Schöpfung; das Alte [in Bezug auf die Stellung, nicht die Erfahrung] ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Alles [diese neue Stellung] aber [ist] von Gott» (2.Kor 5,17-18; vgl. Gal 6,15; Eph 2,10; 4,24).

Petrus schreibt von dieser Gemeinschaft der Gläubigen: «Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht» (1.Petr 2,9), was bedeutet, ein eigenständiges, aus dem Himmel geborenes Volk, eine Art, die durch die Kraft Gottes geschaffen worden ist. So wie der erste Adam ein Geschlecht hervorbrachte, das an seinem eigenen menschlichen Leben und seiner Unvollkommenheit teilhatte, so bringt Christus als der letzte Adam nun durch den Geist ein neues Geschlecht hervor, das an Seinem ewigen Leben und Seiner Vollkommenheit teilhat. «Der erste Mensch, Adam, wurde zu einer lebendigen Seele, der letzte Adam zu einem lebendig machenden Geist» (1.Kor 15,45).

Da der Gläubige Anteil hat am Auferstehungsleben Christi und in Christus ist, wird von ihm gesagt, dass er bereits auferstanden ist (Röm 6,4; Kol 2,12-13; 3,1-4). Jedoch wird er den herrlichen Auferstehungsleib Christi erst später erhalten (Phil 3,20-21). In Bestätigung dessen lesen wir auch, dass Christus wie die «Erstlingsfrucht» (1.Kor 15,20) war, als Er direkt nach Seiner Auferstehung im Himmel erschien, was darauf hinweist, dass die ganze Gemeinschaft, die Ihm nachfolgt, sein wird wie Er (1.Joh 3,2), auch in Bezug auf ihre verherrlichten Leiber. Im Wort Gottes steht die neue Schöpfung – die mit der Auferstehung Christi begann und aus einer neugeborenen, himmlischen Gemeinschaft der Gläubigen besteht, die in Christus ist – immer der alten Schöpfung gegenüber, von der der Gläubige errettet und befreit worden ist.

Lewis S. Chafer (1871–1952) war Professor für Systematische Theologie sowie Gründer und Präsident des Dallas Theological Seminary. John F. Walvoord (1910–2002) war von 1952 bis 1986 Theologe, Pastor und Präsident des Dallas Theological Seminary. Er war Autor von über 30 Büchern mit Schwerpunkt Eschatologie und Theologie.
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