Warum wir Heilsgewissheit haben können Teil 1

Die Heilsgewissheit des Gläubigen ist eine umstrittene biblische Lehre. Warum sie jedoch als Ermutigung für Wiedergeborene berechtigt ist, zeigt sich unter anderem in drei Aspekten.

Erstens: Die Gewissheit der Errettung hat keine Grundlage, keinen Anknüpfungspunkt in mir selbst und meinem Leben. Es gibt eine falsche Heilsgewissheit, besser gesagt eine Scheinzufriedenheit, wenn Menschen meinen, aufgrund ihres eigenen Lebens errettet zu sein, nach dem Motto: «Gott muss mit mir zufrieden sein.»

Selbst wenn ein Mensch hundert Jahre lang jede Stunde seines Lebens in völliger Hingabe an seinen Herrn leben würde, kann ihn das nicht retten oder Gewissheit der Sündenvergebung geben. Unsere Verlorenheit ist viel zu gross. Deshalb steht in Epheser 2,8-9: «Denn aus Gnade seid ihr errettet durch Glauben, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme.»

Vor einigen Jahren erzählte mir eine Frau von ihrer verstorbenen Mutter. Letztere hatte treu eine Gemeinde am Ort besucht und dort mitgearbeitet. Als es ans Sterben ging, war sie bezüglich ihrer Errettung von Zweifeln geplagt. Wie ihre Tochter sie zu trösten versuchte, stimmte mich allerdings traurig. Sie wies ihre Mutter darauf hin, dass sie immer in die Versammlung gegangen sei und mitgearbeitet habe. Die Mutter wurde daran erinnert, dass sie niemals auf dem Tanzboden war und auch sonst jedes sündige Vergnügen gemieden hätte. Die Aufzählungen mündeten dann in die beschwörende Aussage: «Wenn jemand gerettet wird, dann doch Du.»

Aber eigene Nachfolge und Frömmigkeit können keine Heilsgewissheit geben. Die Gewissheit der Errettung hat keinen Anknüpfungspunkt, keine Grundlage in unserer eigenen Leistung und unserem Leben. Aus diesem Grund steht in Römer 3,24: «… und werden umsonst [gratis] gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist.»

Zweitens: Heilsgewissheit setzt Erkenntnis der eigenen Verlorenheit voraus. Mit dem Römerbrief haben wir das Buch im Neuen Testament, das in einmaliger Weise die Errettung allein aus Glauben und durch die Gnade entfaltet. Im achten Kapitel dieses Buches finden wir das «Hohelied der Heilsgewissheit». Bemerkenswert ist dabei, wie der Apostel Paulus diese durch und durch «frohe Botschaft» entfaltet. Am Aufbau des Römerbriefes können wir zugleich den Weg zur Errettung durch den Glauben, und zur Gewissheit der Sündenvergebung erkennen.

Paulus beginnt diesen Brief nach seinen einleitenden Worten nicht mit der Liebe und Barmherzigkeit Gottes zu allen Menschen. In den ersten drei Kapiteln werden vier ganz andere «Paukenschläge» erwähnt. Zunächst wird in Römer 1 ab Vers 18 Gottes gerechter Zorn und Sein Gericht über den Unglauben und die Sünden der gottfernen Nationen offenbart. Der Mensch in seiner Auflehnung gegen den Schöpfer ist in die damit verbundene Sünde und Gottlosigkeit verstrickt und dadurch dem gerechten Gericht Gottes verfallen.

Nun mag sich der moralische und religiöse, vorbildliche Mensch über die Gottlosigkeit der Nationen in Kapitel 1 ereifern. Deshalb zeigt Paulus in den ersten 17 Versen des zweiten Kapitels auf, dass auch der nach aussen hin moralische und religiöse Eiferer genauso dem Gericht Gottes verfallen ist. Ganz gleich, wie vorbildlich ein Mensch auch nach aussen leben mag, seine Unbussfertigkeit vor Gott, die Weigerung, das göttliche Urteil über sein Leben anzuerkennen, macht seine Sünde und Selbstsucht deutlich und stellt ihn unter das Gericht Gottes.

Im zweiten Teil von Kapitel 2 verdeutlicht der Apostel, dass selbst ein Jude, der zu Gottes auserwähltem Volk Israel gehört und im Gegensatz zu den Nationen das Gesetz Gottes kennt und sich sogar bemüht es einzuhalten, nicht durch das Gesetz gerettet, sondern verurteilt wird.

Damit kommt Paulus zum vierten «Paukenschlag» in Kapitel 3 ab Vers 9. Weil wir in der Gefahr stehen, uns selbst trotz allem Gesagten immer noch viel zu positiv zu sehen, zeigt er noch einmal unsere ganze Verlorenheit auf. Alle Menschen, egal ob Heide oder Jude, ob sie sich im Schmutz der Sünde suhlen oder als moralische Eiferer anstrengen, ob christlich religiös oder anders eingefärbt, stehen unter dem Gericht Gottes: «Da ist kein Gerechter, auch nicht einer; da ist keiner, der verständig ist; da ist keiner der Gott sucht. Alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden; da ist keiner der Gutes tut, da ist auch nicht einer» (Röm 3,10-11).

Die Erkenntnis der eigenen Verlorenheit, kein gutes Fünkchen in sich selbst zu haben, nichts vorweisen zu können, was Gott auch nur annährend gefallen könnte, ist der unverzichtbare Hintergrund, auf dem echte Heilsgewissheit entstehen kann. Es ist ein grosser Unterschied, ob ich den Satz aus Römer 7,18 intellektuell bejahe, oder ob ich wirklich mein ganzes Sein im Licht der Bibel erkannt habe und mich so sehe, wie Gott mich sieht: «Denn ich weiss, dass in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt.»

Es ist erstaunlich, wie viel «christlicher Humanismus» bis in bibeltreue Kreise hinein immer noch gelebt und gepredigt wird. Man stimmt theoretisch damit überein, dass der Mensch ein verlorener Sünder ist. Aber gleichzeitig versucht man doch noch sich selbst irgendwo die Gunst Gottes zu verdienen und irgend etwas zu seiner Errettung beizutragen. Der Verdienstgedanke ist uns allen angeboren. Solange dieses Bestreben und Denken da ist, dringt der Betreffende nicht zur echten Heilsgewissheit hindurch.

Johannes Pflaum erhielt eine fünfjährige Ausbildung am theologischen Seminar der Liebenzeller Mission. Er gehört zur «Christlichen Gemeinde Sennwald» und ist seit 2000 als Verkündiger und Bibellehrer im Rahmen des «Bibel-Lehr-Dienst» im In- und Ausland tätig.
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