Offenbarung 12 und die Zukunft Israels (Teil 2)

Immer wieder verweisen Veröffentlichungen des «Mitternachtsruf» auf die zukünftige Wiederherstellung Israels. «Doch», werfen Kritiker ein, «das Neue Testament sagt nichts dazu!» – Eine Stellungnahme.

Die schwangere Frau

Offenbarung 12,2 sagt: «Und sie war schwanger und schrie in Wehen und Schmerzen der Geburt.» Hier sehen wir das Bild von Israel als einer Frau, die zur Zeit der Geburt des Messias beim ersten Kommen Christi Geburtswehen hat. Ein solches Bild von Israel war im Alten Testament durchaus weitverbreitet.16 Tho- mas sagt uns: «Hier wird auf die Geburt Jesu bei Seinem ers- ten Kommen angespielt, aber dieses historische Ereignis hatte bereits stattgefunden, als Johannes diese Zeilen schrieb. Somit ist das eine himmlische Darstellung dieses vergangenen histori- schen Ereignisses, so wie andere Teile dieser Vision Darstellun- gen von noch zukünftigen Ereignissen sind.»17 Da sich die Frau auf Israel bezieht, auch wenn das eigentliche Ereignis Maria im Blick hat, muss etwas gemeint sein, was die Nation in der Geschichte erlebt. «Die wahren Geburtswehen der Nation Israel traten somit nicht zur Zeit dieser tatsächlichen Geburt auf, son- dern liegen noch vor ihr in den schrecklichen Leiden der Drang- salszeit»,18 bemerkt Allen. Diese Passage stellt auch eine Verbin- dung her zum Kampf zwischen dem Samen der Schlange und dem der Frau in 1. Mose 3,15. Was in diesem ersten Buch der Bibel eingeführt wurde, findet nun im letzten Buch der Schrift seinen Höhepunkt.

Diese Vision von der Frau (Israel), die ein männliches Kind zur Welt bringt (den Messias Jesus), zeigt, dass Israel im Kampf zwischen dem Samen der Schlange und dem der Frau (1Mo 3,15) im Lauf der Geschichte die zentrale Rolle spielt. Wegen dieser Rolle beim Kommen des Messias und Seiner letztendlichen Herrschaft über den Teufel und dessen Anhänger hat der Teufel selbst Israel angegriffen und verfolgt und wird es auch weiterhin tun, auch wenn er dabei auf menschliche Werkzeuge zurückgreift (z. B. König Herodes bei der Geburt Christi). «So wie Gott der Frau Symbole der Macht verliehen hat, so ist der Teufel hier mit irdischer Autorität bekleidet», meint Kelly.

In Jeremia 30,6-7 spricht das Alte Testament vom «Gebären»: «Fragt doch und seht, ob auch ein Mann gebiert! Warum sehe ich denn, dass alle Männer ihre Hände auf den Hüften haben wie eine Gebärende und dass alle Angesichter bleich geworden sind? Wehe! Denn gross ist dieser Tag, keiner ist ihm gleich, und eine Zeit der Drangsal ist es für Jakob; aber er wird aus ihr errettet werden!» Randall Price erklärt die Geburtswehen des Messias wie folgt:

«Geburtswehen sind in der Drangsalszeit von Bedeutung, wie Jesus in Seiner Rede auf dem Ölberg deutlich macht (Mt 24,8). Jesus sagt ausdrücklich, dass die Ereignisse in der ersten Hälfte der Drangsalszeit (V. 4-7) lediglich der ‹Anfang› sind und grössere Wehen in der zweiten Hälfte kommen werden (in der ‹grossen Drangsalszeit›). Aufgrund dieser Analogie kann der ganze Zeitraum der 70. Woche mit Geburtswehen verglichen werden. Wie eine Frau die ganze Schwangerschaftszeit vor der Geburt zu ertragen hat, muss auch Israel die ganze 7-jährige Drangsalszeit durchstehen. So wie sich der natürliche Geburtsprozess vor der Entbindung weiter verstärkt, bewegt sich auch die Drangsalszeit immer mehr auf das zweite Kommen zu (V. 30-31), das ‹unmittelbar nach› dem Ende der Drangsalszeit stattfindet (V. 29). Die Zweiteilung der Drangsalszeit veranschaulicht: So wie die Wehen in zwei Phasen kommen (anfangende Wehen und starke Wehen), ist auch die 7-jährige Drangsalszeit in stärkere und weniger starke Zeichen des irdischen und kosmischen Zorns eingeteilt, wie die Rede auf dem Ölberg und die Gerichte in Offenbarung 6–19 zeigen.»

Geburtswehen waren im rabbinischen Judentum ein klarer Ausdruck für die Drangsalszeit. Die Wehen setzen also mit dem Beginn der Drangsalszeit ein und finden ihren Höhepunkt beim zweiten Kommen Christi. Das griechische Wort ôdinon bedeutet «die Schmerzen des Kinderkriegens, Geburtsschmerzen, Geburtswehen». Es wird bezeichnet als «unerträgliche Qualen in Bezug auf das Leid, das die Juden vor der Ankunft des Messias erleben werden». Ein anderer Experte stimmt dem zu und spricht «von dem ‹messianischen Leid›, den Schrecken und Qualen, die dem Kommen des messianischen Zeitalters vorangehen». Dieses Bild zeichnet Offenbarung 12 von Israel inmitten der Geburtswehen der Drangsalszeit.

In seinem hilfreichen Buch The Messiah Texts (Die Texte des Messias) hat Raphael Patai Dutzende von Hinweisen auf ausserbiblische Kommentare aus jüdischen Schriften in einem Kapitel zusammengetragen mit dem Titel «Die Wehen der Zeiten». Patai sagt, «die Wehen der messianischen Zeiten stellt man sich so vor, dass sie sowohl himmlische als auch irdische Quellen und Ausdrucksformen haben. … Die Dinge werden so auf die Spitze getrieben, dass die Menschen die Hoffnung auf Erlösung aufgeben werden. Das wird sieben Jahre dauern. Und dann, ganz unerwartet, wird der Messias kommen.» Diese weitverbreitete jüdische Vorstellung passt exakt zu dem Rahmen, den Jesus in Seiner Rede auf dem Ölberg und in Offenbarung 12 zum Ausdruck bringt. Die Geburtswehen des Messias sind auch bekannt als «die Fussabdrücke des Messias», was den Gedanken stützt, dass Offenbarung 12 von einer Zeit für Israel, dargestellt durch die Frau, während der Geburtswehen der Drangsalszeit spricht.

Auch Paulus benutzt das Motiv der Wehen in 1. Thessalonicher 5,3: «Wenn sie nämlich sagen werden: ‹Friede und Sicherheit›, dann wird sie das Verderben plötzlich überfallen wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entfliehen.» Der Kontext von Offenbarung 12 bezieht sich auf die Drangsalszeit, was zu den anderen Stellen passt, in denen von Wehen die Rede ist. Jesaja 66,7 sagt: «Ehe sie Wehen empfand, hat sie geboren; bevor die Kindesnot sie ankam, wurde sie von einem Knaben entbunden!» «Die wahren Geburtswehen der Nation Israel traten somit nicht zur Zeit dieser tatsächlichen Geburt auf, sondern liegen noch vor ihr in den schrecklichen Leiden der Drangsalszeit.»

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