Offenbarung 12 und die Zukunft Israels (Teil 1)

Immer wieder verweisen Veröffentlichungen des «Mitternachtsruf» auf die zukünftige Wiederherstellung Israels. «Doch», werfen Kritiker ein, «das Neue Testament sagt nichts dazu!» – Eine Stellungnahme.

Einige Kritiker unserer Sichtweise von der biblischen Prophetie sagen, das Neue Testament würde keine prophetischen Aussagen über eine zukünftige Nation Israel enthalten. «Im Neuen Testament gibt es nicht einen einzigen Vers, der die Behauptung stützt, dass Israels Wiederherstellung als Nation von prophetischer Bedeutung ist», erklärt der Substitutionstheologe Gary DeMar. «Nach 70 n. Chr. spielt Israel als Nation keine prophetische Rolle. Das Neue Testament spricht nur über Israels in naher Zukunft liegende Zerstörung, nie über seine entfernte Wiederherstellung.» DeMar sollte mal Römer 11,25-27 lesen. Wir glauben, dass es im Neuen Testament, insbesondere in der Offenbarung, eine Reihe von Hinweisen gibt, die eindeutig von einer zukünftigen Nation Israel im Land sprechen. Mit Offenbarung 12 beschäftigt sich ein ganzes Kapitel mit der Nation Israel in der Zukunft.

 

Neutestamentliche Hinweise auf ein zukünftiges Israel

Um die Überzeugung des Supersessionismus oder der Substitutionstheologie zu stützen, dass Israel kein biblisches prophetisches Schicksal in der Zukunft hat, müsste man eine neutestamentliche Stelle finden, die das lehrt, und anschliessend mit klaren Worten aufzeigen, dass die Gemeinde das neue Israel ist. Wie ich [im Buch Plädoyer für den Zionismus] aber bereits erwähnt habe, existieren solche Stellen nicht. Stattdessen gibt es neutestamentliche Passagen, die prophetisch von einem nationalen Israel oder der Existenz der Nation Israel in der Zukunft sprechen.

Im Jahr 2013 hielt Michael Rydelnik auf der Studiengruppenkonferenz von Pre-Trib einen Vortrag zu diesem Thema. Rydelnik nannte die anschliessenden Stellen und kategorisierte sie wie folgt: Das Neue Testament bestätigt, dass die Verheissungen Israel gelten (Apg 3,25; Röm 9,4-5.11,28-29); das Neue Testament bestätigt, dass Gott Israel das Land gab (Apg 7,5; 10,37.39; Hebr 11,8-10); das Neue Testament spricht davon, dass Israel in der Zukunft im Land leben wird (Mt 24,15-20; Offb 7,4-9.11-12; 16,14-16); das Neue Testament spricht von einem zukünftigen Tempel im Land Israel (Mt 24,15; 2Thes 2,1-4); das Neue Testament spricht von einer zukünftigen Wiederherstellung der Juden im Land Israel (Mt 23,37-39; 24,30; Lk 21,24; Röm 11,25-27); das Neue Testament spricht von einem zukünftigen jüdischen Reich im Land Israel (Mt 19,28; Apg 1,6-7).

 

Israel in der Drangsalszeit

Mit Offenbarung 12 spricht ein ganzes Kapitel von einer Zukunft Israels im Plan Gottes. Robert Thomas sagt über den Platz des 12. Kapitels im Gesamtfluss der Offenbarung:

«Die siebte Posaune hat den Weg geöffnet für die Offenbarung der sieben Gerichtsschalen. Damit diese Offenbarung aber von Bedeutung ist, ist ein Überblick über die verborgenen Kräfte hinter diesem grossen Höhepunkt der Menschheitsgeschichte und die Personen, die dabei eine Rolle spielen, erforderlich.»

Offenbarung 12 handelt von den Juden Israels, die sich in Jerusalem und der umliegenden Region Juda befinden. Das Kapitel beschäftigt sich mit den Ereignissen, die die Juden in der zweiten Hälfte der Drangsalszeit betreffen. Untersucht wird der zukünftige Konflikt der Engel und wie er sich auf Israel auswirkt. Wenn Gott den geistlichen Vorhang zurückzieht, sehen wir den historischen Kampf zwischen dem Samen der Schlange und dem der Frau und den letztendlichen Sieg Christi über Seine Feinde sowie die Rettung der Nation Israel.

Offenbarung 12 und 13 gelten als die symbolhaftesten Kapitel in der ganzen Offenbarung, das lange als das symbolischste Buch in der Bibel angesehen wurde. Paul Tan definiert ein Symbol als «eine stellvertretende und anschauliche Beschreibung eines tatsächlichen Ereignisses, einer Wahrheit oder eines Gegenstandes. Die dargestellte Sache ist nicht die eigentliche Sache, sondern vermittelt eine stellvertretende Bedeutung.» Auch wenn wir den Einsatz von Symbolen in der Offenbarung anerkennen, ist das kein Grund, das Buch nicht wörtlich auszulegen. «Wo Symbole verwendet werden», bemerkt Brian Hand, «findet sich entweder eine kontextuelle Auslegung, eine allgemeine biblische Auslegung oder ein klarer Hinweis für den Ausleger, der ihm sagt, was geschieht.» Wörtliche Ausleger der Offenbarung erkennen in dem Buch ungefähr 25 Symbole. Etwa die Hälfte von ihnen werden im Text der Offenbarung erklärt. Wie zum Beispiel: «Das Geheimnis der sieben Sterne, die du in meiner Rechten gesehen hast, und der sieben goldenen Leuchter. Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden, und die sieben Leuchter, die du gesehen hast, sind die sieben Gemeinden» (Offb 1,20).

 

Die Frau und der Drache

«Und ein grosses Zeichen erschien im Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füssen, und auf ihrem Haupt eine Krone mit zwölf Sternen» (Offb 12,1). Kapitel 12 fängt mit den Worten an: «Ein grosses Zeichen erschien im Himmel.» Vers 3 sagt: «Es erschien ein anderes Zeichen im Himmel.» Somit identifiziert der Text selbst die Frau und den Drachen als Symbole, denn «Zeichen» deutet in diesem Kontext den Gebrauch eines Symbols an. «Das Wort ‹Zeichen› lenkt die Aufmerksamkeit auf die göttliche Absicht hinter dem Symbol oder Ereignis.» Wen symbolisiert die Frau in Offenbarung 12? Katholiken und viele Substitutionstheologen glauben, die Frau in dieser Stelle ist die Kirche, Maria oder einfach das Volk Gottes im Lauf der Zeitalter. So sagte beispielsweise Hippolyt in der frühen Gemeinde (ca. 200 n. Chr.): «Mit der Frau, die mit der Sonne bekleidet ist, meinte er ganz offenkundig die Kirche.» Eine heute breiter akzeptierte Sichtweise von zeitgenössischen Substitutionstheologen ist, dass «die Frau in Offenbarung 12 das Volk Gottes symbolisiert». Die Frau symbolisiert nicht Israel, sondern errettete Juden und Nichtjuden im Lauf der Geschichte. Ein anderer sagt: «Sie ist das Volk Gottes, sowohl vor als auch nach dem Kommen Jesu und repräsentiert Israel, Maria (die Mutter Jesu) und die Gemeinde, alles auf einmal.» Wie J. B. Smith erklärt: «Die Frau in diesem Text der Offenbarung kann nichts anderes repräsentieren als Israel, wie alle Fakten und Hinweise ausreichend beweisen.» Selbst ein Präterist wie DeMar erkennt, dass der biblische Symbolismus von 1. Mose 37,9-11 verlangt, dass Israel gemeint ist. Präteristen irren sich aber, wenn sie darin einen Hinweis auf Israel in der Vergangenheit, nicht der Zukunft, sehen. Das einzige andere Mal, wo das Trio Sonne, Mond und Sterne symbolhaft verwendet wird, ist 1. Mose 37,9-11. In Josephs Traum meint die Sonne Jakob, der Mond Rahel, Jakobs Frau, und die zwölf Sterne die Söhne Jakobs, die auch die zwölf Stämme Israels (Jakobs) sind. Aufgrund der biblischen Analyse sollte es keinen Zweifel geben, dass dieses Symbol die Nation Israel darstellt.

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