Endzeitlich leben: dem Anpassungsdruck widerstehen (Teil 4)

Wie bleibt der christliche Glaube in einer Welt, die sich nicht als christlich versteht, identifizierbar? Wie kann er in einer Zeit, die sich immer mehr von christlichen Inhalten und Werten verabschiedet, erkennbar und kräftig sein? Wie behält unser Glaube solche Konturen, dass er nicht im gesellschaftlichen Mainstream aufgeht bzw. untergeht? Eine Antwort.

Viertens: Beharrlich die Frömmigkeit pflegen.

Eine neue Gestalt betritt die Bühne der Weltpolitik, Darius, der König der Meder. Eine seiner ersten Massnahmen, die er als neuer König durchführt, ist eine Verwaltungsreform. Er gliedert sein riesiges Reich – Mesopotamien, Syrien, Phönizien, Israel – auf. Ausser den 120 Statthaltern setzt er noch drei «Chefminister» als eine Art Zwischeninstanz zwischen ihm und den Statthaltern ein. Einer unter ihnen ist Daniel. Daniel findet sich nun in einem sehr hohen Regierungsamt wieder. Er ist erfolgreich und macht Karriere. Glaube an Gott sowie Aufstieg und Erfolg sind kein Gegensatz, sondern durchaus vereinbar. 

Jedoch sieht Daniel sich einer intriganten Gegnerschaft gegenüber. Sein Erfolg ruft Neider auf den Plan, die genau wissen, wo sie ihn packen können. Da sein Verhalten tadellos ist, bleibt nur sein Glaube als Angriffspunkt. Sie intervenieren beim König. Dieser soll ein Gesetz erlassen, das ein Gebet zu einem fremden Gott untersagt. Die Tatsache, dass das Gesetz in schriftlicher Form verfasst werden soll, verleiht ihm besonderes Gewicht. 

Beeindruckend ist Daniels Reaktion auf diesen Erlass: «Als nun Daniel erfuhr, dass ein solches Gebot ergangen war, ging er hinein in sein Haus. Er hatte aber an seinem Obergemacht offene Fenster nach Jerusalem und er fiel dreimal am Tag auf seine Knie, betete, lobte und dankte seinem Gott, wie er es auch vorher zu tun pflegte» (6,11).

Daniel verfällt nicht in Hektik oder Panik. Auch wird er nicht aggressiv. Er bleibt vielmehr ganz ruhig bei seiner Gewohnheit, dreimal am Tag zu beten. Daniel schliesst auch keine Kompromisse. Wie naheliegend wäre es doch gewesen, für nur 30 Tage das Beten zu unterbrechen? Oder auch bei geschlossenem Fenster zu beten? – Von alledem hören wir nichts. Daniel widersteht dem Anpassungsdruck. Beharrlich pflegt er seine Gewohnheiten und bleibt so seinem Herrn treu. Daniels Gebet wird zum Glaubensbekenntnis.

Das Gebet ist heutzutage gefährdet. Entweder findet man nicht die Zeit dazu oder man meint, überhaupt auf das Gebet verzichten zu können. Der Weltumsegler Gebhard Rollo wurde gefragt, ob er unterwegs auch gebetet habe. Er antwortete: «Nein! Das ist etwas für Schwache.» Das ist der Geist, der uns umgibt. Wie aber kann eine Christenheit, die nicht mehr betet oder zum Beten keine Zeit mehr findet, geistlich überleben? – Ohne das Gebet kann unser Glaube nicht diasporafähig werden. Ohne Gebet kann er keine Widerstandskraft aufbringen. Genau um dieses Geheimnis weiss Daniel. Daher hält er seine Gebetszeiten ein.

Durch das Gebet gibt Daniel seinem Leben eine Ausrichtung. Versinnbildlicht wird dies darin, dass er sein Gebet nach Jerusalem orientiert. Ohne eine solche tägliche Orientierung bleibt unser Glaube schwach und unsere Gottesbeziehung oberflächlich. Geistliche Gewohnheiten, wie eine Gebetszeit am Tag sind eine Hilfe, dem eigenen Glauben Kontur zu verleihen. Sie verhelfen zu innerer Ausrichtung, Reinigung und Klärung. Gerade in unserer mediendurchfluteten Zeit stellen solche Gewohnheiten eine echte Hilfe dar.

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