Eine Vielzahl von Funden bestätigt den historischen Gehalt der biblischen Berichte

Ein Gespräch mit Alexander Schick über die Faszination Qumran, die Zuverlässigkeit des Wortes Gottes und die Lebendigkeit der biblischen Archäologie.

Wie sind Sie auf die intensive Beschäftigung mit dem Thema Qumran gekommen?

Als ich zwölf Jahre alt war, zeigte mir unser Religionslehrer eine Kopie der Jesajarolle vom Toten Meer und erzählte von dem Beduinen, der seiner Ziege nachgelaufen sei und so die erste Höhle entdeckt habe. Damit entfachte er einen «Qumranvirus» in mir.

Später lernte ich Professor Hunziger, den einzigen deutschen Qumranforscher des berühmten Schriftrollenteams, kennen, der mich unter seine Fittiche nahm. Er wurde sozusagen mein Mentor in Sachen Qumran. Es geht bei Qumran ja nicht nur um antike Schriftrollen, die den Text der jüdischen Bibel enthalten, sondern um Texte, die uns zu Zeitgenossen des Herrn Jesus machen und zeigen, wie der jüdische Hintergrund der Evangelien zu verstehen ist. Wir sehen dabei, wie neu und einzigartig die Botschaft Jesu Christi war und ist! Das erleben auch die Teilnehmer der Qumranreisen. Eine solche Reise – und damit Qumran – hatte dann auch eine ganz besondere Bedeutung für mich. Unter den Teilnehmerinnen war eine entzückende junge Frau, in die ich mich sofort unsterblich verliebte! Und das Beste: Caroline hat mir ihr Herz geschenkt und bei der nächsten Reise haben wir uns in Qumran verlobt. Heute machen wir als Ehepaar diese Studienreisen. Wir sind übrigens nicht das einzige Ehepaar, das sich durch Qumran gefunden hat. So war es auch bei Prof. Hunzinger und seiner Frau.

Welchen praktischen Nutzen können Christen heute aus der Beschäftigung mit biblischer Archäologie und Geschichte ziehen?

«Wie gut ist die Bibel überliefert?» Das ist eine Frage, die uns alle als Nachfolger des Herrn Jesus interessiert. Unser Herr sagte: «Die Steine werden schreien» (Lk 19,40), und dass Gott über Seinem Wort wacht. Das können wir wunderbar sehen: So können zum Beispiel die Handschriftenfunde vom Toten Meer für das Alte Testament – für die jüdische Bibel – eine eindeutige Antwort darauf geben (s. S. 6). Eines steht nach Jahrzehnten der Qumranforschung fest: Wir brauchen keine neuen Bibeln! Der Bibeltext, den wir heute lesen, ist inhaltlich derselbe, den der Herr Jesus und die Urchristen benutz haben. 

Auch beim Neuen Testament gibt es solche sensationellen Funde aus der Wüste. 1844 und 1859 entdeckte der wohl grösste Bibelforscher aller Zeiten – Konstantin Tischendorf – im Katharinenkloster im Sinai eine komplette griechische Abschrift des Neuen Testaments von 350 n.Chr. Die Entdeckung und Erforschung dieses sogenannten Codex Sinaiticus wurden zu einem Meilenstein in der neutestamentlichen Textforschung. In den 1930er- und 1950er-Jahren wurden im heissen Wüstensand Ägyptens zudem viele Papyri mit Teilen des Neuen Testaments entdeckt. Das älteste Fragment stammt von ca. 100 n.Chr. und bietet den Text aus Johannes 18. All diese Funde belegen auch in Bezug auf das Neue Testament: hervorragende Überlieferung! In Detailfragen der Textüberlieferung ergeben sich immer wieder neue Erkenntnisse. Die Botschaft von Jesus als dem Messias, der für uns gestorben und auferstanden ist, wird durch diese antiken Handschriftenfunde belegt. Aber Archäologie kann noch mehr.

Eine Vielzahl von Funden bestätigt den historischen Gehalt der biblischen Berichte. So wurde erst vor einiger Zeit in Jerusalem der originale Siloahteich ausgegraben, der bei der Heilung des Blindgeborenen in Johannes 9 eine wichtige Rolle spielt. Warum sollte sich der Geheilte im Teich waschen? Seit den Ausgrabungen wissen wir: Das war eben nicht nur ein Teich, sondern dieser Siloahteich war das grösste Ritualbad – im Judentum Mikveh genannt – in Jerusalem, in dem man sich rituell reinigen musste, um den inneren Bereich des Tempelhofes wieder betreten zu dürfen.

Aber auch Personen der Bibel werden durch archäologische Funde wieder ganz lebendig. Im Dezember sorgte ein Fund für weltweite Beachtung und Schlagzeilen. So wurde bei Ausgrabungen südlich des Jerusalemer Tempelberges ein Siegelabdruck entdeckt mit der Aufschrift: «Gehört Hiskia, dem Sohn von Ahas, dem König von Juda.» Hier haben wir gleich zwei bekannte biblische Könige auf einem ganz kleinen tönernen Siegelabdruck, mit dem eine Papyrusrolle verschlossen wurde: Ahas, den bekannten und berüchtigten König Judas zur Zeit des Propheten Jesaja, der all das tat, was Gott nicht wohlgefiel, und Hiskia, seinen Sohn, der nach David der wohl wichtigste König des Alten Testaments war. Natürlich kennt man sein berühmtestes Bauwerk, den Hiskiatunnel, der in 2. Könige 20,20 erwähnt wird und den man heute als Tourist in der Davidsstadt, dem alttestamentlichen Jerusalem, durchlaufen kann. Der Bau ist schon mehr als beeindruckend, aber dieser winzige Fund des Tonverschlusses ist fast noch wichtiger. Hier kommen wir einem biblischen König ganz nahe. Durch Feuer ist die dazugehörige Papyrusrolle leider verbrannt, aber der kleine Tonklumpen ist geradezu «gebacken» worden und hat so mehr als 2.700 Jahre überdauert. Hier bewahrheitet sich das Wort der Bibel: «Wenn diese schweigen, werden die Steine schreien» (Lk 19,40).

Welches Buch, abgesehen von der Bibel, hat Sie im Glaubensleben am meisten geprägt?

Am meisten geprägt haben mich Menschen, die Vorbilder für mich im Glauben waren. Im Studium – als ich wegen der liberalen Bibelkritik ins Zweifeln kam – war es ein kleines Buch von C.H. Spurgeon, Es steht geschrieben, das meine Liebe zum Wort Gottes wieder gestärkt hat. Wichtig waren für mich zudem von Gerhard Bergmann Alarm um die Bibel und von Prof. Otto Betz Was wissen wir von Jesus?

Welches Bibelbuch lesen Sie am liebsten bzw. haben Sie am meisten gelesen?

Das kommt drauf an: In schwierigen Zeiten sind es die Psalmen. Historisch gesehen die Königsbücher und das Markusevangelium, das uns unseren Herrn Jesus so nahebringt.

Was bedeutet es für Sie im Alltag, auf den Herrn Jesus zu warten?

Sich klarzumachen, dass der Herr Jesus jeden Moment kommen kann und sich immer wieder die Frage zu stellen: Wenn Jesus in diesem Moment wiederkäme, wie stände es dann um mich? Bin ich bereit?

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Alexander Schick

Ist Wissenschaftspublizist und Fachmann für alte Bibel- und Handschriftenfunde. Zu seinem Expertengebiet gehören u.a. die Entdeckungen von Qumran und die Schriftrollen vom Toten Meer. Er war u.a. Berater des ZDF im Rahmen der Reihe Terra-X für die Dokumentation «Brennpunkt Qumran». Seine Webseite ist www.bibelausstellung.de

René Malgo ist Mitarbeiter im Redaktionsbereich des Missionswerkes Mitternachtsruf. Er ist verheiratet mit Wanda und hat 4 Kinder. Sein Sachgebiet umfasst das Redigieren von Büchern sowie das Zusammenstellen der Artikel für die beiden Zeitschriften «MNR» und «NAI». Er ist Autor verschiedener Publikationen.
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