Versuchung

Ein Süsswarenhersteller wirbt mit dem Spruch: «Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt.» Tatsächlich wimmelt es in der Welt von Versuchungen. Doch das Problem liegt nicht in dieser Welt als solcher, sondern das Problem sind wir selbst.

Sicher kennen einige von uns die folgende Situation: Da sitzt man abends schön gemütlich daheim auf dem Sofa, eigentlich noch übersatt vom Abendessen, und irgendwer reisst eine Tüte Chips auf. Jetzt gibt’s nur noch eines: sofort in das Badezimmer stürzen, Zähne putzen und ins Bett unter die Bettdecke flüchten. Wehe, wenn Sie sitzen bleiben, dann haben Sie schon verloren. Fünf Minuten mögen Sie der Versuchung widerstehen. Doch dann werden die Finger gespreizt, greift der Unterarm in die Tüte, werden zwei bis drei Chips gepackt und in den Mund geführt. Verloren! Denn mit zwei Chips ist es nicht getan und es wird gegessen, bis die Tüte leer ist. Danach, nach gefröntem Genuss, da weiss man: «Eigentlich wäre es wohl besser gewesen, dieser Versuchung zu widerstehen.» Ja, dieses Wort «eigentlich».

Eigentlich …

Eigentlich sollte ich nicht so viel Süsses essen. Eigentlich sollte ich nicht mehr rauchen. Eigentlich sollte ich nicht mehr so viel Alkohol trinken. Eigentlich sollte ich nicht so schnell fahren. Eigentlich sollte ich nicht lügen. Eigentlich sollte ich mehr beten. Eigentlich sollte ich bei der Steuererklärung dieses oder jenes doch angeben. Eigentlich sollte ich über jenen nicht ständig schlecht reden. Eigentlich sollte ich nicht neidisch und eifersüchtig sein. Eigentlich sollte ich diese Frau nicht begehren. Eigentlich sollte ich diese Gedanken nicht haben. Eigentlich sollte ich dieses Spiel nicht spielen und jenen Film nicht anschauen. Ja, eigentlich sollte ich diese Musik wohl besser nicht hören und diese Hefte erst gar nicht in die Hand nehmen. Und wissen Sie was? Eigentlich weiss ich das alles. Aber es scheint mir nicht sonderlich wichtig zu sein, sonst würde ich es doch eigentlich lassen. Wissen Sie, woran dieses inkonsequente Verhalten liegt? Es liegt nicht an der Versuchung und es hat auch nichts mit Anfechtung zu tun …

Ungehorsam

Dieses paradoxe Verhalten, etwas zu tun, obwohl man weiss, dass es besser wäre, es nicht zu tun, ist im Ungehorsam begründet. Theoretisch weiss ich alles, aber es ist lediglich Kopfwissen. Es ist mir nicht ins Herz gedrungen. Das heisst, der Glaube hat sich noch nicht im Gehorsam manifestiert. Und so kommt es vor, dass viele Christen mit dem Feuer spielen, weil doch alles so harmlos beginnt. Aber aus mancher Zigarettenkippe ist schon ein Waldbrand entstanden …
«Glückselig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er sich bewährt hat, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche der Herr denen verheissen hat, die ihn lieben. Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich werde von Gott versucht. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht auch niemand; sondern jeder Einzelne wird versucht, wenn er von seiner eigenen Begierde gereizt und gelockt wird. Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod» (Jak 1,12-15).

Das Spiel mit dem Feuer

Ein Beispiel: Ein hübscher junger Mann fährt mit einem hübschen jungen Mädchen in den Urlaub. Beide glauben an den Herrn Jesus Christus und beide wissen sehr wohl, dass es «eigentlich» besser wäre, es nicht zu tun. Bekannt sind die Verlockungen und Gefahren einer solchen Urlaubsreise. Aber was soll schon passieren? Beide wissen doch um die Grenzen. Und so wird schon bei der Urlaubsplanung klargestellt, dass man jeweils ein Einzelzimmer belegt. Eine saubere Trennung ist selbstverständlich. Gesagt, getan. In den ersten Tagen der Rundreise schläft jeder glücklich und zufrieden im eigenen Zimmer. Bei Sonne, Strand und Meer – und das fernab von der Heimat, unerkannt von Freund und Feind – läuft man natürlich nicht herum wie ein Eskimo, zumindest nicht bei 35 Grad im Schatten. Die Lust der Augen wird geweckt und mit der Zeit schrecken die zwei auch vor vorsichtigen Berührungen nicht mehr zurück. Aber beide wissen natürlich, wo «eigentlich» die Grenzen sind. Während sie bei dieser Rundreise die nächste Station erreichen, wurde im Hotel versehentlich ein Doppelzimmer für unsere beiden Weltenbummler reserviert. Auf die schüchterne Frage hin, ob sie nicht zwei Einzelzimmer haben könnten, werden sie ungläubig beäugt und schon fast belächelt. Die Hotelleitung macht darauf aufmerksam, dass zwei Einzelzimmer wesentlich teurer sind als ein Doppelzimmer. Das ist nun wahrlich ein schlagendes Argument und so sind sie bereit, sich das Doppelzimmer wenigstens mal anzuschauen. Und siehe da: «Welch wunderbare Führung!» Es stehen zwei getrennte Betten im Zimmer. Ein kurzer Blickkontakt genügt und die Entscheidung ist getroffen: «Jawohl, das Zimmer nehmen wir.» Schon in der zweiten Nacht bleibt ein Bett leer …

Wehrt den Anfängen

Wehrt den Anfängen und flieht die Sünde. Das jedenfalls sagt uns sinngemäss das Wort aus Jakobus 4,7-8: «So unterwerft euch nun Gott!» Nicht nur einmal bei der Bekehrung und Wiedergeburt, sondern immer und immer wieder. «Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch; naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch!» Sich Gott nahen ist das A und O. Wie nahen wir uns Gott? Durch die ständige Gemeinschaft mit Ihm, durch das Gebet, das Lesen und Hören Seines Wortes und durch die Gemeinschaft mit allen Heiligen, indem wir die Versammlungen (die Gottesdienste) nicht versäumen. Je mehr wir mit Gott und Seinem Wort beschäftigt sind, umso weniger Raum ist in unseren Herzen für die Versuchungen und listigen Angriffe Satans. «Reinigt die Hände, ihr Sünder, und heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid!» Das geteilte Herz ist die grosse Not vieler Christen. Mit ganzem Herzen halbherzig! Ja, wir glauben, wir wissen vieles, «eigentlich» wollen wir Gott auch gefallen und Ihm dienen, aber zugleich möchten wir doch auch die Welt geniessen. Genau diese Strategie geht nicht auf. Wir werden den Versuchungen nicht widerstehen können, wenn wir uns nicht wirklich von ganzem Herzen für ein Leben in der Heiligung entschliessen.

Wandelt im Geist

«Ich sage aber: Wandelt im Geist, so werdet ihr die Lust des Fleisches nicht vollbringen» (Gal 5,16). Bei der Versuchung geht es nicht nur um Erotik und Sexualität, sondern um die Versuchung überhaupt. Es geht um die Frage: Wollen wir Gott gehorsam sein und all diese Dinge, die uns in Versuchung führen, loslassen? Wollen wir dem Herrn mit unserem Leben Freude bereiten oder Ihn betrüben? «Habt nicht lieb die Welt, noch was in der Welt ist! Wenn jemand die Welt lieb hat, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm. Denn alles, was in der Welt ist, die Fleischeslust, die Augenlust und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit» (1.Joh 2,15-17). Sind wir bereit, unser theoretisches Wissen («Das sollte ich eigentlich nicht tun») in unserem Herzen zur Praxis werden zu lassen? Wollen wir nicht den Glauben im Gehorsam zur Geltung kommen lassen?

Gebt der Sünde keinen Raum

Nicht mehr sagen: «Eigentlich sollte ich nicht mehr schlecht über meine Mitmenschen reden», sondern es auch nicht mehr tun. Nicht mehr sagen: «Eigentlich sollte ich nicht mehr so schnell fahren», sondern es auch nicht mehr tun. Nicht mehr sagen: «Eigentlich sollte ich nicht mehr lügen», sondern es auch nicht mehr tun. Nicht mehr sagen: «Eigentlich sollte ich nicht ständig neidisch und eifersüchtig sein», sondern es auch nicht mehr sein. Nicht mehr sagen: «Eigentlich sollte ich diesen Kontakt nicht haben», sondern diesen Kontakt auch konsequent beenden. Nicht mehr sagen: «Eigentlich sollte ich dieses Magazin nicht lesen», sondern dieses auch gar nicht mehr in die Hand nehmen. Nicht mehr sagen: «Eigentlich sollte ich mehr meinem Herrn gefallen und mehr beten», sondern es auch tun. Lassen Sie uns das Wort aus Jakobus 1,12-15 beherzigen. Geben Sie der Sünde keinen Raum und öffnen Sie Ihr Herz stattdessen dem Reden und Wirken unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.

Der Herr gibt die Kraft

Der gottlose Mensch wird den Versuchungen nicht widerstehen können, aber der Herr Jesus Christus gibt uns, die wir an Ihn glauben und Ihn lieben, dazu die Kraft, wenn wir nur wollen. Wenn wir Ihn nur aufrichtig bitten, dann gibt er uns die nötige Kraft, mit unseren versuchenden Wünschen und Begierden zu brechen. «Wer ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, welcher glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist?» (1.Joh 5,5). Jesus selbst hat der Versuchung widerstanden, Er hat die Verlockungen der Welt überwunden und Er hat den Sieg über das teuflisch Weltliche vollbracht. Wir haben die Verheissung, an diesem Sieg teilzuhaben. Die Frage ist nur, ob wir auch wirklich wollen. «So fliehe nun die jugendlichen Lüste, jage aber der Gerechtigkeit, dem Glauben, der Liebe, dem Frieden nach zusammen mit denen, die den Herrn aus reinem Herzen anrufen!» (2.Tim 2,22). Wollen wir das beherzigen? Wollen wir dem Herrn gefallen und ein Leben nach Seinem Wohlgefallen führen? Der Herr gebe einem jeden von uns die Kraft, das Wollen und das Vollbringen dazu.

Thomas Lieth ist Mitarbeiter und Verkündiger des Mitternachtsruf. Er absolvierte seine theologische Ausbildung an der Bibelschule Neues Leben in Wölmersen/Deutschland. Sein Aufgabenbereich ist die Verlagsarbeit des Missionswerkes.
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