Das grosse Problem einer materialistischen Gesellschaft

Was ist eines der schlimmsten Dinge, das einem Menschen heute passieren kann? Die traurige Antwort: Älter zu werden als man erwartet hat. Eine Analyse aus biblischer Sicht.

Gottes Wort spricht positiv über das Älterwerden: «Und du sollst in Frieden zu deinen Vätern eingehen und in gutem Alter begraben werden» (1.Mo 15,15; vgl. 1.Mo 25,8; Ri 8,32; 1.Chr 29,28). Über Abraham heisst es: Er «war alt und recht betagt» und vom Herrn «gesegnet in allem» (1.Mo 24,1). Und doch, in unserer hochkapitalistischen und materialistischen Welt ist es ein erhebliches Risiko geworden, allzu alt zu werden. Sparer, die sich eine gute Grundlage für ihre Rente aufbauen wollen, kämpfen eine verlorene Schlacht. Erst kürzlich sanken weltweit die Zinssätze. Dies hat unter anderem zur Folge, dass die Kosten für den Ruhestand viel höher geworden sind. Denn bei niedrigen Zinssätzen braucht man zwangsläufig mehr Vermögen, um das für den Lebensabend notwendige Auskommen zu sichern.

Zwei weitere Herausforderungen sind: Zum einen ist die Nachfrage nach Ruhestandsbezügen angestiegen, da die Spitze der «Baby Boom»-Generation das Rentenalter erreicht hat. Die Folge ist ein Wettbewerb um eine begrenzte Menge an Finanzerträgen. Zum anderen leben die Menschen länger. Eigentlich ist das ein Segen. Doch das Problem für Rentensysteme (inklusive privater Rentenersparnisse) ist, dass der Ruhestand nun durchschnittlich länger dauert und ein Rentenbezieher länger lebt als berechnet. So ist Altwerden nicht gerade billig, wenn man’s aus der Perspektive eines Pensionsfonds-Managers in einer Welt voller niedriger Zinssätze betrachtet. Dies ist ein ziemlich verdrehter, aber realer Zustand. Man könnte sich nun sagen, dass der Mensch einfach mehr sparen muss, um im Alter eine sichere Grundlage zu haben. Aber dies kann sich nicht jedermann leisten, und es würde wegen der steigenden Nachfrage nach Ruhestandsbezügen und der zunehmenden Alterung am Ende doch nicht aufgehen.

Die Bibel plädiert für Respekt gegenüber den Älteren. Wir sehen dieses Prinzip beispielsweise in 3. Mose 19,32: «Vor einem grauen Haupt sollst du aufstehen und die Person eines Alten ehren.» Im Neuen Testament vertritt der Apostel Paulus deutlich dieselbe Perspektive, wenn er sagt: «Ihr Kinder, seid gehorsam euren Eltern in dem Herrn; denn das ist recht. ‹Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren›, das ist das erste Gebot mit einer Verheissung: ‹damit es dir gut geht und du lange lebst auf Erden›» (Eph 6,1-3). Wiederum sehen wir, dass «lange leben» als gut und nicht als schlecht betrachtet wird.

Aus «wissenschaftlicher» Perspektive ist es laut Jared Diamond, UCLA-Professor für Geografie und Physiologie, aber «unter Umständen besser für Kinder, ihre Eltern zu verlassen oder zu töten und für Eltern ihre Kinder zu verlassen oder zu töten». Als extremes Vorbild führt er Paraguays nomadische Aché-Indianer an. Ihre jungen Männer haben die Aufgabe, alte Leute mit der Axt oder dem Speer zu töten oder sie lebendig zu vergraben. Dies ist ein seltenes Beispiel. Trotzdem ist es so, dass der Gedanke, ältere Menschen seien eine Bürde für die Gesellschaft, nur in einer gottlosen, evolutionistischen und extrem materialistisch-humanistischen Umgebung aufkommen kann.

Tatsächlich wird die westliche Gesellschaft heute immer atheistischer, evolutionistischer, narzisstischer und materialistischer. Parallel dazu, und vielleicht sogar dadurch bewirkt, gehen die Geburtsraten zurück und nimmt die Alterung der Bevölkerung zu. Zukünftige und gegenwärtige Rentenbezieher müssen sich auf einige Enttäuschungen einstellen. Vergangen sind die Tage, in denen noch geglaubt wurde, dass «Kindeskinder» eine «Krone der Alten» sind «und die Ehre der Kinder […] ihre Väter» (Spr 17,6).

Weltweit haben Zentralbanken Senkungen der Zinssätze herbeigeführt. Ihr Ziel war es, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. In Wahrheit haben sie das Wachstum damit aber ausgebremst. Warum? Weil die Bevölkerung eben immer älter wird und es nun mehr Rentenbezieher und deshalb weniger Renten-Einzahler gibt als früher. Das sind die Probleme einer habgierigen, ichbesessenen und materialistischen Welt. Auch die Gläubigen, die nicht von der Welt, aber in ihr sind, stehen vor diesen Sorgen. «Wie die Fische, die gefangen werden im Verderben bringenden Netz, und wie die Vögel, die in der Schlinge gefangen werden: Wie diese werden die Menschenkinder verstrickt zur Zeit des Unglücks, wenn dieses sie plötzlich überfällt» (Pred 9,12). Anfechtungen und Probleme überfallen alle. Der Herr lässt es sowohl über Gerechte als auch Ungerechte regnen. «In dieser Welt habt ihr Angst» (Joh 16,33).

Letztendlich bieten Rentensysteme keine Sicherheit, deshalb: «Macht euch Beutel, die nicht veralten, einen Schatz, der nicht vergeht, im Himmel, wo kein Dieb hinkommt und keine Motte ihr Zerstörungswerk treibt. Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein» (Lk 12,33-34).

Wilfred J. Hahn ist internationaler Depotverwalter, Gründer von Mulberry Press Inc. Und Herausgeber des Rundbriefs «Eternal Values Review», ein Medium für «denkende Christen, die unsere Zeit verstehen wollen».
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