Das Geheimnis der 144 000

Wer sind die 144 000 und was offenbart die Heilige Schrift in ihrem Zusammenhang? Eine Untersuchung.

Die geheimnisvollen 144 000 werden zweimal im Buch der Offenbarung erwähnt. In Kapitel 14,1-5 heisst es über sie: «Und ich sah, und siehe, das Lamm stand auf dem Berg Zion, und mit ihm hundertvierundvierzigtausend, die trugen den Namen seines Vaters auf ihren Stirnen geschrieben. Und ich hörte eine Stimme aus dem Himmel wie die Stimme vieler Wasser und wie die Stimme eines starken Donners; und ich hörte die Stimme von Harfenspielern, die auf ihren Harfen spielten. Und sie sangen wie ein neues Lied vor dem Thron und vor den vier lebendigen Wesen und den Ältesten, und niemand konnte das Lied lernen als nur die hundertvierundvierzigtausend, die erkauft worden sind von der Erde. Diese sind es, die sich mit Frauen nicht befleckt haben; denn sie sind jungfräulich rein. Diese sind es, die dem Lamm nachfolgen, wohin es auch geht. Diese sind aus den Menschen erkauft worden als Erstlinge für Gott und das Lamm, und in ihrem Mund ist kein Betrug gefunden worden; denn sie sind unsträflich vor dem Thron Gottes.»

Mit dem Berg Zion, auf dem das Lamm stand, ist nicht das himmlische Zion gemeint (Hebr 12,22), sondern das irdische in Jerusalem. Das wird am Standort von Johannes deutlich. Er sagt nämlich, dass er «eine Stimme aus dem Himmel» hörte. Somit befand er sich auf der Erde. Das Ganze erinnert an Psalm 2,6: «Ich habe meinen König eingesetzt auf Zion, meinem heiligen Berg!»

Warum ist das so wichtig? Weil damit die zentrale Bedeutung der Zukunft Israels auf Erden betont wird. Es geht um den Berg Zion im irdischen Jerusalem. Es geht darum, dass der Messias in dieses irdische Jerusalem zurückkehrt. Es geht um das Jerusalem im Nahen Osten, wo das Königreich Jesu gegründet und der Herr wohnen und regieren wird. Und es geht schliesslich um das Jerusalem, in dem zukünftig die Kinder Israels mit Ihm regieren werden (Offb 20,6; Lk 22,29).

Die Zukunft ist auf Jerusalem fixiert (Berg Zion) und auf die Gründung des messianischen Reiches auf Erden. «So spricht der Herr der Heerscharen: Meine Städte sollen wiederum von Gutem überfliessen, und der Herr wird Zion wieder trösten und Jerusalem wieder erwählen!» (Sach 1,17).

Die 144 000 waren beim Lamm, das ist Immanuel: «Gott mit uns». Im Zeichen Seines Opfers standen sie auf dem Berg Zion. – Wer Jesus als das Lamm kennengelernt hat, wird ewig zu Ihm gehören und bewahrt bleiben.

In Offenbarung 7 erfahren wir, dass die 144 000 versiegelt wurden. Hier sehen wir, womit sie versiegelt sind: sie tragen den Namen des Lammes und Seines Vaters an ihren Stirnen geschrieben. 

Ein Siegel ist eine Beglaubigung, eine amtliche Sicherstellung von Eigentum. Ein Siegel garantiert die Unversehrtheit von Gegenständen oder Behältnissen. Wenn diese das Siegel Gottes tragen, dann ist damit garantiert, dass sie Gottes Eigentum sind und dass sie unversehrt durch die Grosse Trübsal gebracht werden (vgl. Hes 9,4).

Auch wir sind nach Epheser 1,13-14 und 4,30 versiegelt mit dem Heiligen Geist Gottes und tragen damit das Unterpfand für die zukünftige Erlösung des Leibes in uns. Es ist uns demnach garantiert, dass wir durch diese Weltzeit durchgebracht werden und an das Ziel gelangen. Kein wiedergeborener Christ wird dem Vater und dem Lamm Gottes verlorengehen.

Diese 144 000 sangen ein Lied, das niemand lernen konnte, als nur sie, «die erkauft worden sind von der Erde». Es handelt sich hierbei um das einzige Lied in der Bibel, dessen Text nicht erwähnt wird. Warum ist das so? Es ist ihr ureigenes Lied, ihr Lied der Erlösung. Die Erlösung ist eine persönliche Angelegenheit. Nur, wer in Gemeinschaft mit Jesus tritt, kann einstimmen in das Lied der Erlösung. Nur, wer Ihm gehört und mit Seinem teuren Blut erkauft wurde, nur, wer die Errettung persönlich erfahren hat, ist Mitglied des grossen Chores Gottes, der Erlösten.

Die 144 000 sind solche, «die sich mit Frauen nicht befleckt haben; denn sie sind jungfräulich rein. Diese sind es, die dem Lamm nachfolgen, wohin es auch geht. Diese sind aus den Menschen erkauft worden als Erstlinge für Gott und das Lamm, und in ihrem Mund ist kein Betrug gefunden worden; denn sie sind unsträflich vor dem Thron Gottes» (Offb 14,4-5).

Hierzu bestehen viele Auslegungen. Handelt es sich nur um Männer? Waren sie nicht verheiratet? Lebten sie im Zölibat? Ist das lediglich symbolisch zu verstehen? Stellen sie die Gemeinde dar? Ich gehe davon aus, dass es sich tatsächlich um 144 000 Männer handelt. In Offenbarung 7,3 heisst es bei ihrer Versiegelung: «bis wir die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen versiegelt haben!» Es scheint sich im buchstäblichen Sinn um Knechte zu handeln, die in der kommenden Grossen Trübsal bzw. Drangsal gemäss einer besonderen Weihe (einer Art Priesterdienst) dem Lamm nachfolgen, wohin es geht. 

Das ist keine Rechtfertigung für ein heutiges Zölibat. Jene Zeit, kurz vor dem Ende, wird eine ganz besondere sein, die sich von der unsrigen unterscheidet. Es geht in diesem Fall um eine souveräne und spezielle Auserwählung und Berufung durch Gott. Wir dürfen nicht den Fehler begehen, die Zeit der Drangsal mit der unsrigen zu vergleichen.

Würde es sich bei dem Ausdruck in Vers 4 um allgemeine Sünden handeln, müsste es heissen: «Diese sind es, die sich mit Sünde nicht befleckt haben». Aber es heisst ausdrücklich, dass sie «sich mit Frauen nicht befleckt haben» und dass sie «jungfräulich rein» sind. Auch die späteren Ergänzungen in Vers 5, dass «kein Betrug in ihrem Mund gefunden worden» ist und das sie «unsträflich vor dem Thron Gottes» sind, ergibt nur Sinn im buchstäblichen Sinn. Es kann sich deshalb nicht bloss um Bewahrung vor Hurerei allgemein handeln, sondern gemeint sind tatsächlich spezifisch männliche Jungfrauen.   

Die körperliche Vereinigung in einer Ehe ist keine Befleckung (1Kor 7,5). Im Alten Bund bestanden aber Ausnahmen, und zwar in Bezug auf den priesterlichen Dienst. Als David auf der Flucht war und zum Priester Abimelech in Nob (Stamm Benjamin) kam, bat er für sich und seine Begleiter um Brot. Da es nur die Schaubrote im Heiligtum gab, handelte es sich um Priesterbrot (3Mo 21,22). Deshalb sagte Abimelech: «Ich habe kein gewöhnliches Brot zur Verfügung, sondern nur heiliges Brot; wenn die Leute sich nur der Frauen enthalten haben!» (1Sam 21,5). Auf die Bejahung Davids hin übergab er dann die Schaubrote der Priester. Es war auch so, dass, bevor die Priester eingesetzt wurden, sie sieben Tage und Nächte vor dem Eingang der Stiftshütte verweilen und die Anordnungen des Herrn befolgen mussten (3Mo 8,31-36). In dieser Zeit lebten sie in vollkommener Abstinenz. 

Die Zeit der Offenbarung ist wieder eine andere Zeit innerhalb der Heilsgeschichte. Schon die Erwählung der 144 000 macht dies deutlich. Vielleicht lassen sie sich mit einem Johannes dem Täufer, einem Apostel Paulus oder gar mit Christus selbst vergleichen. Jedenfalls erinnern sie an die Aussage des Herrn: «und wieder andere verzichten von sich aus auf die Ehe, weil sie ganz für das Reich da sein wollen, das der Himmel regiert» (Mt 19,12).

Die 144 000 wurden als Erstlingsgabe erkauft «für Gott und das Lamm». Das bedeutet, dass sie die Erstlinge der Erlösten in der Trübsalszeit sind und das ihnen noch viele folgen, die auch errettet werden. Erstlingen folgen auch «Zweitlinge», «Drittlinge» usw. Der Erstlingsfrucht bei der Ernte folge die Haupternte. In Offenbarung 7,3-4 sehen wir ihre Versiegelung: «Und er sprach: Schädigt die Erde nicht, noch das Meer, noch die Bäume, bis wir die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen versiegelt haben! Und ich hörte die Zahl der Versiegelten: 144 000 Versiegelte, aus allen Stämmen der Kinder Israels.»

Und etwas später sehen wir die, die ihnen offensichtlich folgen: «Nach diesem sah ich, und siehe, eine grosse Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Thron und vor dem Lamm, bekleidet mit weissen Kleidern, und Palmzweige waren in ihren Händen» (Offb 7,9).

Das betrifft übrigens auch die Auferstehung. Jesus Christus ist von den Toten auferweckt worden als «der erste der Entschlafenen» (1Kor 15,20). Dieser Ausdruck macht deutlich, dass die Auferstehung Christi nichts in sich Geschlossenes ist, sondern dass sie sich ausweitet auf diejenigen, die in Christus sind. Die Auferstehung des Herrn zieht diese nach sich. Die Auferstehung Christi ist die Ursache unserer künftigen Auferstehung; die Auferstehung Jesu beinhaltet bereits unsere Auferstehung: «Da nämlich durch einen Menschen der Tod gekommen ist, kommt durch einen Menschen auch die Auferstehung der Toten» (1Kor 15,21).

Norbert Lieth absolvierte seine theologische Ausbildung an der Bibelschule des Mitternachtsruf in Südamerika und war dort auf verschiedenen Missionsbasen tätig. Ein zentraler Punkt seines weltweiten Verkündigungsdienstes ist das prophetische Wort Gottes.
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