SgM 07-04

SgM 07-04

Meine Frau und ich verbrachten zwei Wochen Ferien zu Hause. An einem Tag lud uns ein Bekannter zu einer Zürcher Stadtbesichtigung ein, die er selbst durchführte. Wir besuchten auch die evangelisch-lutherische Kirche, das «Grossmünster».

Dort lag das Manuskript einer Predigt aus, das ich mitnahm und zu Hause durchlas. Die Botschaft beeindruckte mich. Es war eine Predigt zum Thema Erzväter und Erzmütter. Darin hiess es unter anderem:

«Doch wenn wir hören von Jakob, von Polygamie, von Frauen, unterdrückt und umhergeschoben, missbraucht, verkauft. Da stellt sich die Frage schon: Wieso stehen solche Geschichten überhaupt in der Bibel? Sollte die Bibel nicht vor allem von Tugenden, Geschichten von Heldinnen und Vorbildern erzählen? Nun sind es also eben nicht Heldengeschichten, sondern Antihelden, die im Zentrum stehen, und zwar sowohl Männer wie Frauen. In unserer Geschichte geht es nicht um Vorbilder im moralischen Sinn. Gott interessiert sich für unvollkommene, scheiternde Menschen, stellt unsere Lebensbrüche nicht ins Abseits, sie werden zum Zentrum der Gottesnähe und Gotteserkenntnis: Gott schaut nicht vom Himmel her auf ‹uns arme Menschen›, darauf wartend, dass wir die Leiter in den Himmel endlich erklimmen … Nein, Gott hat die Leiter hingestellt zwischen Himmel und Erde. Ja, wir können sagen: Gott hat seinen Sohn geschickt, diese Leiter zu sein …»
Predigt XIV aus der Reihe Erzväter und Erzmütter,
Grossmünster, 1. Juli 2018

Jakob war ein Versager, ein Lügner, ein Hinterlistiger und Betrüger, der sich auf der Flucht befand. Und ausgerechnet ihm zeigt Gott die Himmelsleiter. Daran sehen wir, dass es nicht um Verdienst geht, sondern um die Gnade Gottes, die sich uns zuwendet. Wenn wir Johannes 1,51 lesen, stellen wir fest, dass Jesus tatsächlich diese Himmelsleiter ist, über die Gott uns die Hand reicht.

Wir sollten uns immer wieder daran erinnern, dass Gott über Jesus zu uns kommt, nicht weil wir es verdient hätten, sondern weil er es so wollte. Dass Jesus der Garant dafür ist, dass wir in den Himmel kommen.