Jenseits des Sichtbaren (Teil 5)

Die Realität des Teufels, der unsichtbaren Welt und des geistlichen Kampfes der Christen.

Der Schrift zufolge hat Gott alle Dinge erschaffen, einschliesslich der Engel (Kol 1,16). Da Gott heilig und sündlos ist, waren ursprünglich auch alle Engel heilig und sündlos. Wir dürfen nicht vergessen, dass Gott nicht den Teufel und seine Dämonen erschaffen hat. Gott erschuf einen wunderschönen und gesalbten, schützenden Cherub und eine Schar von vollkommenen, nicht gefallenen Engeln. Der gesalbte Cherub führte einen Aufstand gegen seinen Schöpfer an, was seinen Fall und den von einem Drittel der Engel nach sich zog (Offb 12,4). Dennoch bleibt die Frage: Warum liess Gott das zu? Da Gott allwissend ist, war Ihm klar, was passieren würde. Und Er ist souverän, Er hätte das verhindern können. Warum tat Er es nicht?

Das ist eine der schwierigsten Fragen überhaupt, zusammen mit einer ähnlichen Frage: Warum lässt Gott Leid und Böses in der Welt zu? In gewisser Hinsicht können wir diese Fragen nicht vollständig beantworten, aber trotzdem können wir wissen, dass auch die Anwesenheit des Teufels und seiner Dämonen auf irgendeine Weise zur Verherrlichung Gottes dient, das heisst, um Ihn bekannt zu machen. Gott lässt den Teufel aus Seinen souveränen Gründen existieren, von denen viele zweifellos nur Er allein kennt. Wir aber können in der Tatsache ruhen, dass Gott unendlich weise und liebevoll ist und Seinen Plan ausführt – den besten Plan zu Seiner maximalen Verherrlichung.

Der Teufel erscheint auf der Bühne der Menschheitsgeschichte in 1. Mose 3. Er tritt als Versucher und Verführer des Menschen auf:

«Aber die Schlange war listiger als alle Tiere des Feldes, die Gott der Herr gemacht hatte; und sie sprach zu der Frau: Sollte Gott wirklich gesagt haben, dass ihr von keinem Baum im Garten essen dürft? Da sprach die Frau zur Schlange: Von der Frucht der Bäume im Garten dürfen wir essen; aber von der Frucht des Baumes, der in der Mitte des Gartens ist, hat Gott gesagt: Esst nicht davon und rührt sie auch nicht an, damit ihr nicht sterbt! Da sprach die Schlange zu der Frau: Keineswegs werdet ihr sterben! Sondern Gott weiss: An dem Tag, da ihr davon esst, werden euch die Augen geöffnet, und ihr werdet sein wie Gott und werdet erkennen, was Gut und Böse ist!» (V 1–5)

Nach Adams und Evas Sündenfall belegte Gott alle Hauptbeteiligten mit einem Fluch:

«Da sprach Gott der Herr zur Schlange: Weil du dies getan hast, so sollst du verflucht sein mehr als alles Vieh und mehr als alle Tiere des Feldes! Auf deinem Bauch sollst du kriechen und Staub sollst du fressen dein Leben lang! Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen: Er wird dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen» (V 14–15)

1. Mose 3 erwähnt nicht den Teufel oder nennt ihn bei seinem Namen, aber der Kontext und andere Bibelstellen machen deutlich, dass er hinter der Schlange stand (Offb 12,3.9). In den ersten fünf Versen von 1. Mose 3 ist drei Mal von der «Schlange» die Rede. Diese Begebenheit wirft viele Fragen auf, inklusive dem beständigen Problem, die Beziehung zwischen dem Teufel und der Schlange zu bestimmen. Ist das alles nur symbolisch gemeint und aus der heidnischen Mythologie abgeleitet? Verwandelte sich der Teufel tatsächlich in eine Schlange, um sich hinter ihr zu verstecken? Oder fuhr der Teufel in eine echte Schlange?

Ich glaube, diese Geschichte hat sich wirklich so ereignet und ist keine Mythologie. Nichts in dem Text weist den Leser darauf hin, dass er mythologisch zu verstehen ist, und das Neue Testament sieht den Bericht über Adam und Eva und den Teufel im Garten Eden als historisch an (Mt 19,4–6; Joh 8,44). Der ganze Schöpfungsbericht wird als Aufzeichnung tatsächlich geschehener Ereignisse betrachtet. Andere Bibelstellen sprechen davon, dass der Teufel andere Geschöpfe verkörperte und durch sie wirkte: der König von Babylon (Jes 14), der Fürst von Tyrus (Hes 28) und schliesslich der Antichrist (Offb 13). Aus der Schrift wissen wir auch, dass Dämonen in Menschen fahren und die Kontrolle über ihren Körper übernehmen können. Wenn wir dies berücksichtigen, können wir annehmen, dass der Teufel den Körper der Schlange für geeignet ansah, um sich zu tarnen, als er Eva versuchte. Später bezeichnet die Schrift den Teufel auf unterschiedliche Weise, einschliesslich Schlange und Drache (2.Kor 11,3; Offb 12,4.7.9.13).

Natürlich wirft dieser Bericht viele weitere Fragen auf. Wie sah die Schlange vor dem Fluch ursprünglich aus? Sie wurde verflucht, Staub zu fressen und auf dem Bauch zu kriechen – bedeutet das, dass sie sich vorher aufrecht fortbewegte? Und warum kam es Eva nicht seltsam vor, als sie eine Schlange sprechen hörte? Konnten die Tiere vor dem Sündenfall reden? Die Antworten auf diese Fragen überschreiten den Rahmen dieses Buches, aber Henry Morris liefert uns einen interessanten und hilfreichen Kommentar:

«Es gibt tatsächlich keinen Grund, weshalb wir nicht annehmen sollten, dass die Schlange in ihrem ursprünglichen Schöpfungszustand nicht ein wunderschönes, aufrecht gehendes Tier gewesen war und mit den Menschen kommunizieren konnte. Eine solche Auslegung würde diese Passage zumindest leichter verständlich machen, auch wenn sie dadurch schwer zu glauben ist. …

Des Weiteren ist es möglich, dass alle Tiere (ausser den Vögeln) Vierfüsser waren, nur die Schlange nicht, die – mit einem starken Wirbelsäulenskelett und der Unterstützung von kleinen Gliedmassen – die beachtliche Fähigkeit besass, sich aufzurichten und sich aufrecht zu halten, während sie mit Adam oder Eva sprach. Nach der Versuchung und dem Sündenfall veränderte Gott die stimmlichen Fähigkeiten der Tiere, inklusive der Struktur des Sprachzentrums in ihrem Gehirn. … Der Körper der Schlange wurde sogar noch grösseren Veränderungen unterzogen, indem ihr die Fähigkeit genommen wurde, aufrecht zu stehen und den Menschen direkt in die Augen sehen zu können.

Es sollte noch einmal betont werden, dass diese Auslegung nicht dogmatisch zu verstehen ist. Die Bibel macht keine eindeutigen Aussagen zu diesen Dingen und derartige Erklärungen sind für den ‹modernen Verstand› nur schwer zu akzeptieren. Nichtsdestotrotz sind sie nicht unmöglich oder völlig abwegig im Kontext der ursprünglichen Schöpfung und scheinen sogar direkt aus der natürlichsten und wörtlichsten Lesart dieser Stelle hervorzugehen.»

Eine weitere damit verwandte Frage ist: Warum verfluchte Gott die Schlange für etwas, was der Teufel getan hatte? Warum musste die Schlange für die Taten des Teufels auf dem Bauch kriechen? Wir können dieses Thema unmöglich mit absoluter Sicherheit behandeln, denkbar ist aber, dass die niedrige Stellung der Schlange seit diesem Tag als ein Musterbeispiel gedacht war. Der auf der Schlange lastende Fluch war ein Bild oder ein Schatten dessen, was letzten Endes mit dem Teufel geschieht, wenn er von Gott unterworfen worden ist. Durch den Fluch über die Schlange sagte Gott zum Teufel: «Du wolltest dich als Schlange ausgeben? So soll es sein! Ich werde das Wesen der stolzen Schlange verändern und sie zu einem niedrigen Tier machen, und in gleicher Weise wirst auch du schliesslich als ein niedriges, unterworfenes Geschöpf angesehen werden, und der Nachkomme Evas wird dir den Kopf zertreten!»

Welche Antworten wir auf diese Details im Text auch geben, wir können uns sicher sein, dass der Teufel real ist und sich bei seiner ersten Versuchung verstellte, um seine Verführung schmackhafter zu machen. Auch heute noch ist er der Meisterbetrüger. Täuschung ist seine Visitenkarte.

Mark Hitchcock ist der Autor von mehr als 30 Büchern über biblische Prophetie und als ausserordentlicher Professor am Dallas Theological Seminary tätig. Der Faith Bible Church dient er als Senior Pastor.
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